Sonntag, 6. Dezember 2009

Advent ohne Weihnacht

Charismatischer Gottesdienst
Predigt

Wallfahrtskirche Vilgertshofen
Freitag der 1. Adventswoche (4.12.2009)

Pater Willibrord Driever OSB
Missionsbenediktiner von St. Ottilien



Wozu dient der Advent?

Vermutete Antwort: Vorbereitung auf Weihnachten. Falsch! Das gilt nämlich nur für die letzten 7 Tage des Advent: 17.-24. Dezember.

Die längste Zeit des Advent hat eine andere Bedeutung.
Hat zu tun mit einem Geheimnis des Glaubens, welches im Bewusstsein der Christen wenig präsent ist, aber in der Liturgie vorkommt.

Darum erinnert uns die Kirche in ihrer Liturgie mindestens viermal an das Mysterium der Wiederkunft des Herrn.
1. Credo: Aufgefahren in den Himmel, er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters, von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten,
2. Nach der Wandlung: Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit.
3. Drittes Hochgebet: Darum, gütiger Vater, feiern wir das Gedächtnis deines Sohnes. Wir verkünden sein heilbringendes Leiden, seine glorreiche Auferstehung und Himmelfahrt und erwarten seine Wiederkunft.
4. Vater unser: Komm uns zu Hilfe mit deinem Erbarmen und bewahre uns vor Verwirrung und Sünde, damit wir voll Zuversicht das Kommen unseres Erlösers Jesus Christus erwarten.

Das ist das Letzte: Das Ziel: Wenn Christus kommt. Das ist eine großartige Vision.
Christus kommt. - Wann kommt er denn?
Immer. In jedem Augenblick unseres Lebens. Und auf vielfältige Weise. Im Mitmenschen, in den Umständen des Lebens, in den Zeichen der Zeit, im Freund und sogar im Feind, in seinem Wort, in Gottesdienst, in den Sakramenten.

Und am Ende der Zeiten und bei der Vollendung der Zeiten: Parusie.
Darum erinnert uns die Kirche an das Mysterium der Wiederkunft des Herrn in der Feier des Advent vom 1. Advent bis zum 16. Dezember.

In diesem Zusammenhang feiern wir jetzt diese heilige Messe und hören das Wort Gottes.

Lesung Jes 29,1-24

Das Volk Israel hat ja eine lange und wechselvolle Geschichte.
Es stand mehrmals am Rand des Untergangs.

Das Reich lag in der Zukunft.
Vorausgegangen war eine Katastrophe, ungefähr 500 Jahre vor Christus: Eroberung des Landes und die Zerstörung des Tempels. Deportation.

Und da hatten die Propheten immer eine besondere Aufgabe:
Die Propheten mussten im Volk etwas wach-halten:
nämlich das Vertrauen auf Gott
die Hoffnung (auf das Kommen seines Reiches).
Welches Reich?
Ein Reich ohne Krankheit, ohne Leid, ohne Ungerechtigkeit.

Die völlige Umwandlung der Menschen, die nach der Katastrophe übrigbleiben werden.
Und das sind nicht die Großen und nicht die Mächtigen aus der Politik, aus der Wirtschaft und aus der Gesellschaft. Die sind es nicht.
Sondern Umwandlung geschieht für die Blinden und für die Tauben, für die Armen, für die Demütigen – für diese Menschen gibt es Heilung und Heil. (Evangelium).

Es sind die Armen, die Schwachen und die Benachteiligten, denen Gott seine Liebe zuwendet.
(Das ist die Botschaft des AT und des NT).

Für die Reichen, die Satten und die Selbstzufriedenen und für die Selbsterechten und harten Menschen – war das immer ärgerlich.

Und genau das wird das größte Wunder der Weltgeschichte sein!
Dass die Irrenden zur Einsicht kommen und die Harten weich werden und sich bekehren lassen.

Wodurch?
Durch die Ereignisse selbst – und durch das Wort Gottes.

Dieses Wunder erhofft der Prophet für „jenen Tag“.
Das ist der Tag, an dem Gott sich sein neues Volk schaffen wird.

Was hier beschrieben wird, das hat schon begonnen.
Wieso? Der Messias, der heilige Geist ist schon gekommen.
Jesus hat uns erlöst. Er hat uns die Augen geöffnet für Gottes Herrlichkeit.

Zum Evangelium Mt 9,27-31

Wir haben einen Abschnitt aus dem Evangelium nach Matthäus gehört.
Es ist die Erzählung von der Heilung der zwei Blinden.

Matthäus legt alle Aufmerksamkeit auf das Gespräch zwischen Jesus und den beiden.
Alle Einzelheiten der Heilung läßt er weg.

Warum läßt Matthäus alle Einzelheiten der Heilung?
Was will er denn betonen?

So wird ganz deutlich, welchen Anteil an der Heilung der Glaube hat.

Der Glaube wird schon deutlich, wie die beiden Jesus anreden: Sohn Davids!
(Anfang des Mt-Evgl. „Stammbaum Jesu Christi, des Sohnes David, des Sohnes Abrahams“.)
Und in der Bitte: Hab Erbarmen mit uns!

Und was tut Jesus?
Jesus antwortet einem solchen Glauben. Er geht darauf ein.
Ähnlich wie bei einer Heilungsgeschichte, ebenfalls im Mt-Evgl.
Der heidnische Hauptmann von Kafarnaum bittet um Heilung für seinen gelähmten Diener, der zu Hause lag und große Schmerzen hatte.
Jesus sagte: Ich will kommen und ihn gesund machen.
Da antwortete der Hauptmann: Herr, ich bin nicht wert, dass du mein Haus betrittst; sprich nur ein Wort, dann wird mein Diener gesund…. Jesus war erstaunt, als er das hörte, und sagte zu denen, die ihm nachfolgten: Amen, das sage ich euch: Einen solchen Glauben habe ich in Israel noch bei niemand gefunden.“ (Mt 8,10)

Die Heilung geschieht durch den Willen Jesu und durch das Wort Jesu.
Aber der Glaube ist dafür die notwendige Voraussetzung.
Warum? Damit Jesus überhaupt das Wunder tun kann.

Er ist ja nicht als Wunderdoktor oder als Zauberer oder als ein okkulter Heiler gekommen.

Sondern er ist gekommen, um den Menschen etwas zu sagen. Was?
Dass die Herrschaft Gottes nahe ist.

Gott will sich offenbaren.
Ob er es kann, das hängt von den Menschen ab.

Frage:
Gibt es eine Verbindung zwischen Lesung und Evangelium?
Und warum hören wir diese nun im Advent?

„Die Blinden, die in Dunkel und Finsternis waren, werden sehen“, das ist die Verheißung der Propheten für die Endzeit.
Die Endzeit sollte anbrechen mit dem Kommen des Messias aus dem Haus David.
Was hier beschrieben wird, das hat schon begonnen.
Wieso?

Die Blinden riefen: Jesus, Sohn Davids.

Der Messias ist also gekommen.
Der Heilige Geist ist schon gekommen.

Jesus zeigt durch seine Werke, dass er es ist, den Israel erwartet.
Jesus hat uns erlöst. Er hat uns die Augen geöffnet für Gottes Herrlichkeit.

Die Endzeit hat begonnen. Wir leben in der Endzeit.

Wohlgemerkt: die Endzeit. Nicht die Voll-Endung. Die ist noch nicht da. Die steht noch aus.
Das merken wir ja in der ganzen Welt und in unserem persönlichen Leben: wie viel Unvollendetes es da noch gibt.

So leben wir in einer Spannung:
Einerseits: wir sehen und glauben, daß der Messias Jesus gekommen ist, die Situation grundsätzlich verändert hat. Von unserer erbsündlichen Todverfallenheit und Gottlosigkeit dazu hin, dass er für uns das Tor des Himmels geöffnet hat.

Andererseits: dass die Vollendung eben noch nicht da ist. Diese erwarten wird, aber eben nicht als eine Erfüllung von paradiesischen Zuständen hier auf der Erde, sondern als eine unvorstellbare Fülle, von der uns das letzte Buch der Bibel, die Offenbarung des Johannes eine Bild zeichnet.

Und diese Zukunft können wir nicht machen, sondern nur von Gott her entgegennehmen. Und er wird es tun. Das ist sein Werk.
Und dieses Werk fällt zusammen mit der Wiederkunft Jesu Christi bei der Vollendung der Zeiten.

Und der Advent macht uns genau dieses Geheimnis bewusst.
Dass es da einen gibt, der auf uns zukommt und der unsere Zukunft ist.
Wir Christen haben Zukunft.
Weil Christus auf uns zukommt.

Freitag, 13. November 2009

Predigt am 31. Sonntag im Jahreskreis - LJB (8.11.2009)

(Zum Anhören bitte auf den Pfeil klicken.)
Text Text Text ...

Dienstag, 4. August 2009

Hochfest des Heiligsten Herzens Jesu











Unsere Klosterkirche ist dem Heiligsten Herzen Jesu geweiht. Der Freitag in der Woche nach dem Fronleichnamsfest ist das Hochfest des Heiligsten Herzens Jesu. Diesen Tag begehen wir in St. Ottilien immer mit einer besonderen Festlichkeit. Am Abend halten wir eine eucharistische Anbetung: 20 Uhr: Herz-Jesu-Rosenkranz, danach Aussetzung des Allerheiligsten, dann eine gestaltete Anbetung mit meditativen Texten und Lobpreis-Liedern, musikalisch begleitet von der Gruppe TOTUS TUUS. Hier einige Fotos von der diesjährigen eucharistischen Anbetung.

Samstag, 1. August 2009

Unsere Sünden sind für Gott attraktiv

Am Dienstag, 28. Juli 2009, hielt ich in der Hl. Messe bei den Exerzitien in Illerberg eine Predigt. Dabei bezog ich mich auf die Lesungen des Tages vom Donnerstag der 17. Woche im Jahreskreis (Lesung: Ex 33,7-11;34,4b.5-9.28; Evangelium: Mt 13,36-43). Ich referierte die Geschichte des Mose, seinen Mord an den ägyptischen Fronaufseher, seine Flucht und seine Berufung. In diesem Kontext rutschte mir das Wort heraus: "Unsere Sünden sind für Gott attraktiv."
Attraktiv, das heißt: anziehend. Gott wird von unseren Sünden angezogen. Er kann unser selbstverschuldetes Elend nicht länger mit ansehen. Es bewegt seine Barmherzigkeit. Er kommt auf uns zu. Er in seinem fleischgewordenen Wort gibt sich drein in unser Elend. Er sucht das verlorene Schaf, die verlorene Drachme, sieht von weitem den heimkehrenden Sohn, wird von Mitleid gerührt, läuft ihm entgegen, fällt ihn um den Hals und küsst ihn (Lukas 15).
So ist und handelt Gott.
Gott sei Dank.

Mittwoch, 22. Juli 2009

Priester-Rosenkranz

Papst Benedikt XVI hatte anlässlich des 150. Todesjahres des „Pfarrers von Ars“ im März 2009 ein weltweites „Priester-Jahr“ angekündigt. Das Jahr solle vor allem der geistigen Vertiefung der rund 400.000 katholischen Priester in der Welt dienen. Davon hinge die Effizienz ihres Amtes ab, so der Papst in seiner Ansprache an die Kongregation für den Klerus (OR, Nr. 12 vom 20. März 2009).
Am Hochfest des Heiligsten Herzens Jesu, dem 19. Juni 2009 – dem Tag, der traditionsgemäß dem Gebet um die Heiligung der Priester gewidmet ist – hat der Papst das Priester-Jahr eröffnet. „Dieses Jahr, das dazu beitragen möchte, das Engagement einer inneren Erneuerung aller Priester für ein noch stärkeres und wirksameres Zeugnis für das Evangelium in der Welt von heute zu fördern, wird 2010 wiederum an diesem Hochfest seinen Abschluss finden“ (Schreiben des Papstes an die Priester zur Eröffnung des Priester-Jahres). Das Jubiläumsjahr steht unter dem Leitwort „Treue in Christus, Treue des Priesters“ und wird genau ein Jahr später mit einem Weltpriestertreffen auf dem Petersplatz in Rom enden.
In der Zweiten Vesper nach der Kurzlesung hielt der Papst eine Predigt zu dem Thema: „Im Herzen Jesu kommt der wesentliche Kern des Christentums zum Ausdruck“. In der Predigt nahm er auch Bezug auf sein Schreiben an die Priester zur Eröffnung des Priester-Jahres. In beiden Texten zitiert er einen Ausspruch des Pfarrers von Ars: „Nach Gott ist der Priester alles! … Erst im Himmel wird er sich selbst recht verstehen“ (beide Texte im OR, Nr. 26 vom 26. Juni 2009).
Auf der Grundlage der Predigt des Papstes in der Zweiten Vesper wurde der nachfolgende Priester-Rosenkranz formuliert. Er enthält einige wesentliche Aussagen der Predigt.

1. Jesus, aus dessen Herz das Geschenk des priesterlichen Dienstes an Kirche und Menschheit hervorgeht.
2. Jesus, der mich davor bewahre, den mir anvertrauten Seelen durch Nachlässigkeit oder Schande Gutes vorzuenthalten oder Schaden zuzufügen.
3. Jesus, zu dessen Herz mich meine Mängel, Grenzen und Schwächen zurückführen mögen.
4. Jesus, von dessen am Kreuz durchbohrten Herzen, dem Quell der Liebe, ich mich niemals entfernen will.
5. Jesus, der mich mit jener seelsorglichen Liebe entflammt, die fähig ist, mein persönliches Ich seinem Ich anzugleichen, um ihn in der vollständigsten Selbstschenkung nachahmen zu können.


Adressat
Der Rosenkranz gedacht für die Priester, die in privater Meditation wesentliche Aussagen der Predigt des Papstes und die Größe und Verantwortung des von Gott erhaltenen Geschenks des Priestertums betrachten wollen; er ist weniger geeignet für das Gebet in einer Gruppe.

Form
Der private Charakter kommt darin zum Ausdruck, dass die Gesätze in der 1. Person (des Beters) formuliert sind, woraus sich eine grammatikalische Spannung zum Plural des Avemaria ergibt.
Der private Charakter zeigt sich auch in der theologischen Dichte, so im 5. Geheimnis. Dies ist ein besonderes Anliegen des Papstes; in seinem „Schreiben“ heißt es: „In Jesus fallen Person und Sendung im Grunde zusammen: Sein gesamtes Heilshandeln war und ist Ausdruck seines ‚Sohn-Ich‘, das von Ewigkeit her vor dem Vater steht in einer Haltung liebevoller Unterwerfung unter seinem Willen. In bescheidener und doch wahrer Analogie muss auch der Priester diese Identifizierung anstreben.“ Diese Gedanken hatte der Papst auch in seiner Predigt aufgenommen. Ich habe versucht, dies in eine „bet-bare“ Formulierung umzusetzen.
Die Formulierungen beziehen sich indirekt auf Jesus, grammatisch in der 3. Person genannt, und können in das „Gegrüßte seist du, Maria“ eingefügt werden.

Intention
Der Rosenkranz möchte nach dem Willen des Papstes dazu beitragen, „das Engagement einer inneren Erneuerung aller Priester für ein noch stärkeres und wirksameres Zeugnis für das Evangelium in der Welt von heute zu fördern“.

Dienstag, 21. Juli 2009

Heiliger Geist, komm und entzünde uns, aber verbrenne uns nicht!

Predigt im Konventamt in der Klosterkirche St. Ottilien
Pfingstsonntag, 31. Mai 2009
Pater Willibrord Driever OSB

Eine Spannung liegt in den Lesungen und Gebeten und Gesängen der heutigen Liturgie. Die Spannung von Bitte und Erfüllung.

einerseits: Wir beten um die Sendung des Heiligen Geistes:
1. im Tagesgebet: Erfülle die ganze Welt mit den Gaben des Heiligen Geistes.
2. im Graduale: Emitte Spiritum tuum: Sende aus deinen Geist, und das Antlitz der Erde wird neu.
3. Sequenz: Komm herab, o Heil'ger Geist... (GL 244)
4. Ruf vor dem Evangelium: Veni Sancte Spiritus: Komm, Heiliger Geist, und erfülle die Herzen deiner Gläubigen, und entzünde in ihnen das Feuer deiner Liebe.
5. im Gabengebet: Allmächtiger Gott, erfülle die Verheißung deines Sohnes: Sende uns deinen Geist, damit er uns in die volle Wahrheit einführt.

Andererseits: In den Lesungen und im Evangelium hörten wir vom Kommen des Heiligen Geistes und von seinem Wirken.

1. die Lesung aus der Apostelgeschichte berichtet das Pfingstereignis,
2. die Lesung aus dem Korintherbrief beschreibt, wie der Geist Christi die Vielheit der Gaben und Dienste bewirkt und wie er die Einheit des Glaubens und des Bekenntnisses schafft,
3. das Evangelium verkündet, wie der auferstandene Herr am Ostertag den Geist schenkt. Der Ostergruß des Auferstandenen heißt "Friede".
Seine Ostergabe ist der Heilige Geist.

Die Spannung von Bitte und Erfüllung.
Die Bitte um die Gabe des Geistes und die Erfüllung der Bitte in der geschehenen Gabe. Dies in der Liturgie. – Aber nicht nur dort.

Sondern auch in unserem Leben.
Wir sind alle getauft. In der Taufe hat Gott uns seinen Heiligen Geist geschenkt.
Er hat uns die Gaben von Glaube, Hoffnung und Liebe geschenkt.
Er hat uns die heiligmachende Gnade geschenkt.

Aber wir erfahren den Heiligen Geist und sein Feuer so selten in unserem Leben.
Warum?

1. Vielleicht, weil wir sein Wirken in unserem Leben nicht erkennen.

Im Credo bekennen wir jeden Sonntag: Ich glaube an den Heiligen Geist. - Was heißt das denn? Wir können das mal durchbuchstabieren:
Ich glaube an den Heiligen Geist, das heißt: Ich glaube,
- daß er meine Vorurteile abbauen kann,
- daß er meine schlechten, eingefahrenen Gewohnheiten ändern kann,
- daß er meine Gleichgültigkeit und Trägheit und Menschenfurcht überwinden kann,
- daß er mir Phantasie zu einer liebevollen Lebensführung geben kann,
- daß er mich vor dem Bösen warnen kann,
- daß er mir Mut zum Guten geben kann,
- daß er meine selbstbezogene und unfruchtbare Traurigkeit überwinden kann,
- daß er mir Liebe zum Wort Gottes geben kann,
- daß er mir meine Minderwertigkeitsgefühle und meine Allmachtsphantasien nehmen kann,
- daß er meine Aggressionen bzw. Depressionen erhellen und verwandeln kann,
- daß er mir einen verständnisvollen Menschen an die Seite geben kann,
- daß er mein Wesen durchdringen kann.

Das wäre die Richtung für ein Leben im Heiligen Geist.
Wie schaut das praktisch aus: ein Leben im Wirkungsbereich des Heiligen Geistes?

Das könnte bedeuten:

• Müde sein - und doch andere aufmuntern.
• Sich verlassen fühlen - und doch andere zum Lächeln bringen.
• Selber Fragen haben - und sich Ratsuchenden doch nicht verweigern.
• Gehetzt sein - und doch andere nicht mit Ausreden abwimmeln.
• Schmerzen haben - und doch anderen gegenüber Geduld aufbringen.
• Belastet sein - und doch anderen tragen helfen.
• Nach einem Ausweg tasten - und doch die Hand eines anderen nicht loslassen.
• Manches entbehren - und doch anderen nichts missgönnen.
• Enttäuscht sein - und doch anderen ein Stück Hoffnung vorleben.
• Sich ausgebrannt vorkommen - und doch anderen helfen Sinn zu finden.
• Betend selber ohne Antwort bleiben - und doch anderen den Glauben erlebbar machen.
• Mit Ärger angefüllt sein - und doch den Gruß des anderen erwidern.
• Enttäuscht sein - und doch die Fehler anderer nicht an die große Glocke hängen.
• Keinen Dank bekommen - und doch für andere da sein.

Vielleicht hast du entdeckt, wo du schon im Wirkungsbereich des Heiligen Geistes lebst.

Der Geist ist in dir. Er ist schon da,

  • wo dein Leben pulsiert,
  • wo deine Wünsche entspringen,
  • wo deine Sehnsüchte zu strömen beginnen,
  • wo die Funken deiner Liebe sprühen,
  • wo du im Namen Jesu und in der Kraft des Heiligen Geistes Vergebung schenkst,
  • wo du einen neuen Anfang wagst,
  • wo deine neuen Gedanken aufbrechen,
  • wo du deinen Mut zu neuen Begegnungen sammelst,
  • wo dir die Kräfte zu neuen Aufgaben zuwachsen,
  • wo die Freude in dein Wesen tropft,
  • wo du es wagst, du selbst zu sein.

Da ist Gottes Geist in deinem Leben.

2. Oder wir spüren den Heiligen Geist deswegen nicht in unserem Leben, weil wir ihn nicht haben wollen.
Wir beten zwar: Komm, Schöpfer Geist – fürchten uns aber vor der göttlichen Unruhe.
Wir beten zwar: Entzünde die Herzen deiner Gläubigen – und wir fürchten uns dann, von ihm in Brand gesetzt zu werden und daß so manches in unserem Leben in seinem Feuer nicht bestehen könnte. Wir halten ihn auf Sparflamme.

Dann hätten wir nicht begriffen, wer der Heilige Geist ist und wie er wirkt.

Es ist der Geist,
• der über dem Urchaos schwebte und Ordnung schaffte,
• der auf Maria herabkam,
• der auf Jesus bei seiner Taufe herabkam,
• der auf die im Abendmahlssaal versammelten Frauen und Jünger herabkam,
• und den wir in jeder Eucharistiefeier auf die Gaben von Brot und Wein --- und auf uns herabrufen.

Es ist der gute Geist Gottes. - Dieser Geist möchte auch in mir und in Dir zur Grundmelodie und zum Hauptmotiv des Lebens werden.

Dabei geht es weder um besondere, rauschhafte Augenblicke, in denen der Heilige Geist in außergewöhnlicher Weise erfahren wird; noch um einen stimmungsvollen Gottesdienst am Pfingstfest.

Sondern es geht um die Gestaltung unseres normalen, alltäglichen Lebens aus der Taufgnade. Das ist der Heilige Geist, der uns gegeben ist.
Das ist Spiritualität: Gestaltung unseres Lebens aus dieser Kraft der Taufgnade.
Aus der Kraft der Taufgnade unser Leben gestalten und die Widrigkeiten des Alltags annehmen und bewältigen.

Die Spannung von Bitte um die Gabe und bereits geschenkte Gabe.

Die Bitte um den Heiligen Geist bedeutet nicht, daß wir ihn nicht schon besäßen.
Sondern dies ist die Bitte um Freisetzung des in der Taufe empfangenen Heiligen Geistes und seiner Gaben in uns, und es ist unsere Entscheidung dazuhin.

Der Heilige Geist ist nicht aufdringlich, er überfällt uns nicht und zwingt uns nicht, wie andere Geister. Der Heilige Geist will gebeten und eingeladen sein.
Und dann wird er sanfte und beharrliche Impulse geben.

Und woher kommt dieser Geist?
An jedem Karfreitag hören wir in der Liturgie die Passion nach Johannes.
Als Jesus am Kreuz erhöht war und von dem Essig genommen hatte, sprach er:
Es ist vollbracht! Und er neigte das Haupt - und er gab den Geist:
er schenkte den Geist als Gabe in die Welt hinein!
Vom Kreuz herab wurde der Geist in die Welt hinein entbunden.
Heute, am 50. Ostertag, hören wir wieder das Evangelium nach Johannes.
Am Ostertag, am Abend des ersten Tages der Woche, sagt der erhöhte Herr: Empfangt den Heiligen Geist.

Nochmal: Woher kommt dieser Geist?
  • Aus dem Geheimnis von Tod und Auferstehung des Herrn.
  • Aus der Feier der Eucharistie.
  • Und aus dem Empfang der eucharistischen Gaben.

Sende uns deinen Geist, damit er uns in die volle Wahrheit einführt und uns das Geheimnis dieses Opfers immer mehr erschließt.

Sonntag, 1. März 2009

Betrachtung zum Ersten Fastensonntag im Lesejahr B

1. Lesung
Diese Geschichte ist bekannt und wohl eher eine Geschichte, die uns ärgert. Warum spielt Gott solche grausamen Spielchen?
Diese Geschichte ist eine Verheißungsgeschichte. Vorausgegangen war ja die Berufung des schon alten Abraham, mit 75 Jahren traf ihn die Berufung: Zieh fort aus deinem Land, aus deiner Verwandschaft und aus deinem Vaterhaus. Und Abraham zog fort.
Und er erhält eine Verheißung: Ich werde dich zu einem großen Volk machen. Zahlreich wie die Sterne am Himmel. Und er hatte keine Kinder. Später (Gen 18) bekommt er die Verheißung eines Nachkommens, Sara lacht. Aber die Verheißung wird erfüllt. Sara gebiert Isaak. Der erste Stern am Himmel der Nachkommen. Gott garantierte die Erfüllung seiner Verheißungen.
Und nun die heutige Geschichte. Im Grunde geht es um die Frage, die Gott an Abraham stellt: Ja, ich habe begonnen, meine Verheißungen zu erfüllen. Bist du bereit, diese Erfüllung an mich zurückzugeben und es mir zu überlassen, wie ich meinem Wort treu bleibe? (Glaubensgeschichte)
Abraham verläßt sich so sehr auf Gott, daß er selbst seine ureigenste Existenz, nämlich seine ehemals gottgeschenkte Zukunft, Isaak, erneut, ohne Widerspruch, in die Verfügung Gottes stellt. (Vertrauen)
Wer sich so verläßt, den Blick auf den rufenden Gott gewandt, der gelangt an den Ort, von dem es heißt: Jahwe läßt sich sehen.

2. Lesung
Er hat seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle hingegeben, wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?
Unser Gott ist der Gott, der sich selbst das Opfer seines eigenen Sohnes abverlangt, um uns in ihm alles zu schenken. Sein Sohn ist sein ein und alles.
Was bedeuten unsere Opfer und Öpferchen im Vergleich zum freiwilligen Opfergang des Menschensohnes?

Evangelium
Auf dem Berg Morija gingen dem Abraham die Augen auf.
Petrus, Jakobus und Johannes kommen auf dem Berg Tabor zu einer gewandelten Gottesschau.
Ihnen wird ein Durchblick geschenkt. Und sie sehen niemand mehr bei sich außer Jesus. In Jesus blicken sie durch. Durch die Geschichte Gottes mit seinem Volk, durch die Gegenwart des irdischen Jesus, durch die Zukunft mit dem Auferstandenen.
Noch verstehen sie nicht, was das bedeutet: Von den Toten auferstehen.
Doch dann, als Jesus durch den Tod hindurchgegangen ist, wird ihnen ein österlicher Durchblick zuteil: Gottes geliebet Sohn ist das Opfer, das ein für allemal hingegeben ist.
Der Evangelist Markus will zeigen, wie die Endzeit durch Jesus Christus angebrochen ist. Es geht um das Aufscheinen der Herrlichkeit des noch verborgenen Messias. Die Herrlichkeitsszene ist vorübergehend. Abe sie enthüllt: Jener ist der Messias, der eine Zeitlang die Erniedrigung des Gottesknechtes erfahren muß. Petrus will die Offenbarung der himmlischen Herrlichkeit fixieren. Das ist zwar menschlich verständlich. Sie steht aber der Berufung zur Kreuzesnachfolge entgegen. Die Stimme aus der Wolke ist ein Mahruf in die Nachfolge Christi.