Sonntag, 1. August 2010

Typisch Kirche: vermiester Urlaub!

Predigt
Konventamt am 18. Sonntag im Jahreskreis (Zyklus C)
1. August 2010
Klosterkirche St. Ottilien
LI: Koh1,2;2,21-23; LII Kol 3,1-6.9-11; Evgl Lk 12,13-21

Liebe Brüder und Schwestern!

Typisch Kirche: Mitten im Sommer, die Ferien haben begonnen, alle fahren in den Urlaub, um die Welt und ihre Schönheit kennenzulernen, da stößt man uns vor den Kopf: Richtet euren Sinn auf das Himmlische und nicht auf das Irdisch.
Und dann Angstmacherei mit dem Hinweis auf den plötzlichen und unvorhergesehenen Tod.
Wir möchten uns ausruhen dürfen auf dem, was wir geschaffen haben.
Wir möchten das Diesseits genießen.
Warum empfiehlt man uns gerade jetzt, das Jenseits zu suchen?
Liturgische Weltfremdheit?

Die erste Lesung konfrontiert uns mit unserer eigenen Erfahrung.
Unser Besitz und das Ergebnis unserer Arbeit und unserer Anstrengung – das ist nur ein relativer Besitz. Den können wir nicht festhalten.
Kohelet nennt das „Windhauch“.
Windhauch – das ist das Missverhältnis zwischen unserem Ideal und seiner Verwirklichung.
Unser Herz trägt in sich eine Sehnsucht nach dem Absoluten.
Diese Sehnsucht kann durch keine geschaffene Wirklichkeit gestillt werden.

Das erkennen wir in Alltagssituationen:
- Wir fassen einen Entschluß – und können nicht die sicherste Lösung finden.
- Wir arbeiten für die Zukunft – und müssen erleben, wie die Nachfolgenden mit dem, was wir geschaffen haben, ganz anders umgehen, anders, als wir es eigentlich geplant haben.

„Windhauch“ – kann zur Sünde werden, wenn wir diese Vorläufigkeit und Relativität erkennen und uns dennoch die Augen davor verschließen;
wenn wir die Grenzen und Zweideutigkeiten verkennen, denen unser Bemühen unterworfen ist.

„Windhauch“ – wir zur Torheit, zur Dummheit, wenn wir nicht mit der endgültigen Grenze unseres Lebens rechnen und wenn wir den Tod verdrängen und uns dann grausam lächerlich machen.

Was nützt uns also das, was wir geschaffen haben, wenn der Tod doch alles auslöscht? Das ist die etwas resignative Frage im Buch Kohelet, die dort ohne Antwort bleibt.

Diese Lesung wurde ausgewählt im Blick auf das Evangelium. Jesus spricht vom angesammelten Reichtum und vom plötzlichen Tod, der alles zunichte macht.

Jesus erzählt nicht eine zynisch-dramatische Neuigkeit, um seinen Zuhörern Angst vor dem plötzlichen Ableben zu machen und davor, dass dann alle Erwartungen zunichte wären.

Der Tod, von dem hier die Rede ist, ist gar nicht der persönliche Tod am Ende eines Lebens, sondern es ist die Katastrophe am Ende der Zeiten und das Gericht, das ihr folgen wird. Davon ist im Lukas-Evangelium oft die Rede.

Wer sich an seine angehäuften irdischen Güter binden will --- in dem Augenblick, da allein die Bindung an Gott die Menschen vor der Katastrophe retten kann, der verhält sich wirklich wie ein Tor, wie ein Narr, wie ein Dummer.

Jesus warnt: So geht es jedem, der nur für sich Schätze sammelt, aber vor Gott nicht reich ist.

Ein Psalm hat es auf den Punkt gebracht: „Die Toren sagen in ihrem Herzen: Es gibt keinen Gott!“ (Ps 14,1). Wenn Sie wollen, können Sie dieses Wort als Mantra bezeichnen. Das wäre wenigstens mal ein sinnvolles Mantra.

Amen. Das heißt: Ich mache mich fest. Ich – das ist doch mein Herz.
Ich kann mich nicht an materiellen Gütern festmachen.
Ich kann mich doch nur an einer Person festmachen.
Ich kann mein Herz doch nur einer Person schenken.
Und wenn es um Letztes und Ewiges geht: dann kann ich mein Herz doch nur im Ewigen festmachen: in der Person Gottes.

Nicht die Bindung an materielle Güter kann uns retten.
Sondern nur unsere Bindung an Gott.

Das Tagesgebet des vergangenen Sonntags hat dafür eine einprägsame Formulierung gefunden: Gib, dass wir die vergänglichen Güter so gebrauchen, dass wir die ewigen nicht verlieren.

Was hilft uns dabei, diese Blickrichtung zu bewahren? Da ist guter Rat nicht teuer.

Die zweite Lesung hat die Antwort gegeben: Strebt nach dem, was im Himmel ist. Richtet euren Sinn auf das Himmlische und nicht auf das Irdische!

Und wie geht das? In der Lesung folgen ganz praktische Handlungsanweisungen: Abtötung von Unzucht, Schamlosigkeit, Leidenschaften, bösen Begierden, Habsucht. Belügt einander nicht!

Paulus spricht für unsere Ohren fast unschuldig-naiv von „Abtötung“ und gebraucht dabei einen Begriff, der durch eine populistische Verkündigung für unsere Ohren unmöglich geworden ist.
Aber ohne dem scheint es nicht zu gehen. Das merken wir heute mehr denn je.

Vergessen wir nicht die erste Wirklichkeit, die Paulus am Anfang der Lesung nennt:
Ihr seid mit Christus auferweckt! – Das ist unsere Taufwirklichkeit.

Wir sind durch die Taufe mit Christus gestorben und mit ihm zum Leben erweckt worden. Wir sind eine neue Schöpfung.

Das ist unser Reichtum vor Gott: Und das ist eben nicht das, was wir vor Gott haben. Sondern das, was Gott aus uns gemacht hat: Neue Schöpfung.
Wir sind von Gott angeschaut, gemeint, geliebt, bejaht.
Wir können dann nicht mehr so leben, als wäre nichts geschehen.

Aus diesem Geschenk Gottes an uns folgen dann die Aufforderungen zu einer entsprechenden Lebensführung, wie sie in der Lesung aus dem Kolosserbrief beschrieben ist.

Und trotzdem. Das mag nicht immer einfach sein. Wir erfahren Widerstand in unserer Umgebung und Widerstand durch die Zweifel in unserem eigenen Herzen.
Darum beten wir am Schluss dieser heiligen Messe: „Barmherziger Gott, bleibe bei uns in aller Gefahr und versage uns nie deine Hilfe, damit wir der ewigen Erlösung würdig werden.“

1 Kommentar:

  1. "Der Tod, von dem hier die Rede ist, ist gar nicht der persönliche Tod am Ende eines Lebens, sondern es ist die Katastrophe am Ende der Zeiten und das Gericht, das ihr folgen wird. Davon ist im Lukas-Evangelium oft die Rede."

    Sehr geehrter Pater Willibrod,

    beizeiten an das Ende der Zeiten denken, geht das? Ist uns da nicht das zeitliche Denken im Wege, denn das "Ende" impliziert ja automatisch ein fern in der Zukunft liegendes "Ereignis" (ein Paradoxon, da es ein Ereignis außerhalb der Zeit in der Zukunft beschreibt).

    Das Erwachen aus der Zeitlichkeit, die persönliche Apokalypse, ist nicht zeitgebunden, also auch nicht irgendwann in ferner Zukunft - das ist meine Überzeugung.

    Das Jenseits ist mitten im Diesseits, warum nicht den Urlaub dazu verwenden, mal dort "vorbeizuschauen"? Bleibt noch genügend Zeit für die Pflege dessen, was der Wind wieder in alle Ecken zerstreuen wird, wenn unser irdisches Dasein zuende geht.

    Liebe Grüße

    T.Meier

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