Sonntag, 6. Dezember 2009

Advent ohne Weihnacht

Charismatischer Gottesdienst
Predigt

Wallfahrtskirche Vilgertshofen
Freitag der 1. Adventswoche (4.12.2009)

Pater Willibrord Driever OSB
Missionsbenediktiner von St. Ottilien



Wozu dient der Advent?

Vermutete Antwort: Vorbereitung auf Weihnachten. Falsch! Das gilt nämlich nur für die letzten 7 Tage des Advent: 17.-24. Dezember.

Die längste Zeit des Advent hat eine andere Bedeutung.
Hat zu tun mit einem Geheimnis des Glaubens, welches im Bewusstsein der Christen wenig präsent ist, aber in der Liturgie vorkommt.

Darum erinnert uns die Kirche in ihrer Liturgie mindestens viermal an das Mysterium der Wiederkunft des Herrn.
1. Credo: Aufgefahren in den Himmel, er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters, von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten,
2. Nach der Wandlung: Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit.
3. Drittes Hochgebet: Darum, gütiger Vater, feiern wir das Gedächtnis deines Sohnes. Wir verkünden sein heilbringendes Leiden, seine glorreiche Auferstehung und Himmelfahrt und erwarten seine Wiederkunft.
4. Vater unser: Komm uns zu Hilfe mit deinem Erbarmen und bewahre uns vor Verwirrung und Sünde, damit wir voll Zuversicht das Kommen unseres Erlösers Jesus Christus erwarten.

Das ist das Letzte: Das Ziel: Wenn Christus kommt. Das ist eine großartige Vision.
Christus kommt. - Wann kommt er denn?
Immer. In jedem Augenblick unseres Lebens. Und auf vielfältige Weise. Im Mitmenschen, in den Umständen des Lebens, in den Zeichen der Zeit, im Freund und sogar im Feind, in seinem Wort, in Gottesdienst, in den Sakramenten.

Und am Ende der Zeiten und bei der Vollendung der Zeiten: Parusie.
Darum erinnert uns die Kirche an das Mysterium der Wiederkunft des Herrn in der Feier des Advent vom 1. Advent bis zum 16. Dezember.

In diesem Zusammenhang feiern wir jetzt diese heilige Messe und hören das Wort Gottes.

Lesung Jes 29,1-24

Das Volk Israel hat ja eine lange und wechselvolle Geschichte.
Es stand mehrmals am Rand des Untergangs.

Das Reich lag in der Zukunft.
Vorausgegangen war eine Katastrophe, ungefähr 500 Jahre vor Christus: Eroberung des Landes und die Zerstörung des Tempels. Deportation.

Und da hatten die Propheten immer eine besondere Aufgabe:
Die Propheten mussten im Volk etwas wach-halten:
nämlich das Vertrauen auf Gott
die Hoffnung (auf das Kommen seines Reiches).
Welches Reich?
Ein Reich ohne Krankheit, ohne Leid, ohne Ungerechtigkeit.

Die völlige Umwandlung der Menschen, die nach der Katastrophe übrigbleiben werden.
Und das sind nicht die Großen und nicht die Mächtigen aus der Politik, aus der Wirtschaft und aus der Gesellschaft. Die sind es nicht.
Sondern Umwandlung geschieht für die Blinden und für die Tauben, für die Armen, für die Demütigen – für diese Menschen gibt es Heilung und Heil. (Evangelium).

Es sind die Armen, die Schwachen und die Benachteiligten, denen Gott seine Liebe zuwendet.
(Das ist die Botschaft des AT und des NT).

Für die Reichen, die Satten und die Selbstzufriedenen und für die Selbsterechten und harten Menschen – war das immer ärgerlich.

Und genau das wird das größte Wunder der Weltgeschichte sein!
Dass die Irrenden zur Einsicht kommen und die Harten weich werden und sich bekehren lassen.

Wodurch?
Durch die Ereignisse selbst – und durch das Wort Gottes.

Dieses Wunder erhofft der Prophet für „jenen Tag“.
Das ist der Tag, an dem Gott sich sein neues Volk schaffen wird.

Was hier beschrieben wird, das hat schon begonnen.
Wieso? Der Messias, der heilige Geist ist schon gekommen.
Jesus hat uns erlöst. Er hat uns die Augen geöffnet für Gottes Herrlichkeit.

Zum Evangelium Mt 9,27-31

Wir haben einen Abschnitt aus dem Evangelium nach Matthäus gehört.
Es ist die Erzählung von der Heilung der zwei Blinden.

Matthäus legt alle Aufmerksamkeit auf das Gespräch zwischen Jesus und den beiden.
Alle Einzelheiten der Heilung läßt er weg.

Warum läßt Matthäus alle Einzelheiten der Heilung?
Was will er denn betonen?

So wird ganz deutlich, welchen Anteil an der Heilung der Glaube hat.

Der Glaube wird schon deutlich, wie die beiden Jesus anreden: Sohn Davids!
(Anfang des Mt-Evgl. „Stammbaum Jesu Christi, des Sohnes David, des Sohnes Abrahams“.)
Und in der Bitte: Hab Erbarmen mit uns!

Und was tut Jesus?
Jesus antwortet einem solchen Glauben. Er geht darauf ein.
Ähnlich wie bei einer Heilungsgeschichte, ebenfalls im Mt-Evgl.
Der heidnische Hauptmann von Kafarnaum bittet um Heilung für seinen gelähmten Diener, der zu Hause lag und große Schmerzen hatte.
Jesus sagte: Ich will kommen und ihn gesund machen.
Da antwortete der Hauptmann: Herr, ich bin nicht wert, dass du mein Haus betrittst; sprich nur ein Wort, dann wird mein Diener gesund…. Jesus war erstaunt, als er das hörte, und sagte zu denen, die ihm nachfolgten: Amen, das sage ich euch: Einen solchen Glauben habe ich in Israel noch bei niemand gefunden.“ (Mt 8,10)

Die Heilung geschieht durch den Willen Jesu und durch das Wort Jesu.
Aber der Glaube ist dafür die notwendige Voraussetzung.
Warum? Damit Jesus überhaupt das Wunder tun kann.

Er ist ja nicht als Wunderdoktor oder als Zauberer oder als ein okkulter Heiler gekommen.

Sondern er ist gekommen, um den Menschen etwas zu sagen. Was?
Dass die Herrschaft Gottes nahe ist.

Gott will sich offenbaren.
Ob er es kann, das hängt von den Menschen ab.

Frage:
Gibt es eine Verbindung zwischen Lesung und Evangelium?
Und warum hören wir diese nun im Advent?

„Die Blinden, die in Dunkel und Finsternis waren, werden sehen“, das ist die Verheißung der Propheten für die Endzeit.
Die Endzeit sollte anbrechen mit dem Kommen des Messias aus dem Haus David.
Was hier beschrieben wird, das hat schon begonnen.
Wieso?

Die Blinden riefen: Jesus, Sohn Davids.

Der Messias ist also gekommen.
Der Heilige Geist ist schon gekommen.

Jesus zeigt durch seine Werke, dass er es ist, den Israel erwartet.
Jesus hat uns erlöst. Er hat uns die Augen geöffnet für Gottes Herrlichkeit.

Die Endzeit hat begonnen. Wir leben in der Endzeit.

Wohlgemerkt: die Endzeit. Nicht die Voll-Endung. Die ist noch nicht da. Die steht noch aus.
Das merken wir ja in der ganzen Welt und in unserem persönlichen Leben: wie viel Unvollendetes es da noch gibt.

So leben wir in einer Spannung:
Einerseits: wir sehen und glauben, daß der Messias Jesus gekommen ist, die Situation grundsätzlich verändert hat. Von unserer erbsündlichen Todverfallenheit und Gottlosigkeit dazu hin, dass er für uns das Tor des Himmels geöffnet hat.

Andererseits: dass die Vollendung eben noch nicht da ist. Diese erwarten wird, aber eben nicht als eine Erfüllung von paradiesischen Zuständen hier auf der Erde, sondern als eine unvorstellbare Fülle, von der uns das letzte Buch der Bibel, die Offenbarung des Johannes eine Bild zeichnet.

Und diese Zukunft können wir nicht machen, sondern nur von Gott her entgegennehmen. Und er wird es tun. Das ist sein Werk.
Und dieses Werk fällt zusammen mit der Wiederkunft Jesu Christi bei der Vollendung der Zeiten.

Und der Advent macht uns genau dieses Geheimnis bewusst.
Dass es da einen gibt, der auf uns zukommt und der unsere Zukunft ist.
Wir Christen haben Zukunft.
Weil Christus auf uns zukommt.