Das ist die Meinung von Frau Gabriele
Höfling, Redakteurin bei katholisch.de (15.1.2025). Sie schreibt:
Die bisherige, im Kirchenrecht verankerte
Praxis, den Erstkommunionempfang von 8- oder 9-Jährigen an die Bedingung der
vorherigen Beichte zu knüpfen, ist hochproblematisch. Das zeigt eine ganze
Reihe von Argumenten: Einerseits sind Kinder entwicklungspsychologisch laut
Experten in diesem Alter noch gar nicht in der Lage, Konzepte wie Schuld und
Sünde richtig zu begreifen.
Meine Frage: Sind denn die Kinder in
diesem Alter fähig, das Mysterium der Eucharistie „richtig zu begreifen“? Meine
Erfahrungen: Wenn ich die Kommunion austeile an Kinder in diesem Alter, dann
habe ich den Eindruck, dass sie nicht wissen, was sie empfangen. Dabei bin ich
mir nicht sicher, woran es liegt: an der mangelnden Intelligenz der Kinder?
Oder gibt es noch einen anderen Grund? In den Gemeinden sind es meist die
einsatzfreudigen sogenannten Kommunionmütter. Wer katechetisiert die
Katecheten?
Da man aber landauf landab nicht daran
denkt oder es nicht wagt, über den rechten Zeitpunkt der Erstkommunion
nachzudenken, scheint man also der Meinung zu sein, die Kinder in diesem Alter
seien zwar entwicklungspsychologisch nicht in der Lage, Konzept wie Schuld und
Sünde richtig zu begreifen, aber sie seien dennoch in der Lage, das Konzept der
Eucharistie zu begreifen. Denn da werden bis jetzt keine Bedenken geäußert.
Warum eigentlich nicht?
Also: Wenn man den Kindern zutraut, das
Mysterium der Eucharistie „richtig zu begreifen“ und sich dem entsprechend zu
verhalten, und das sollte sich eigentlich zeigen in einem andächtigen und
ehrfürchtigen Empfang des Leibes des Herrn, dann sind sie auch fähig, Wesen und
Bedeutung des Sakramentes der Versöhnung „richtig zu begreifen“, vorausgesetzt,
es wird ihnen von Katecheten recht vermittelt, die – im Ideal-Fall – selber
eine ordentliche Beichtpraxis pflegen. Meine Erfahrungen beim Hören dieser
Erstbeichten waren für mich erschreckend: weder ein (kindgemäßes)
Sündenbewusstsein noch eine (kindgemäße) Sündenerkenntnis der Beichtenden! Ich
fragte mich danach: wie und von wem sind diese Kinder nur vorbereitet worden?
Studien haben zudem belegt, dass die
Beichte anfällig ist für die Anbahnung von Kindesmissbrauch.
Mein Zwischenruf: Um genau das zu
verhindern, haben wir die gute alte Tradition von Beichtstühlen, die aber seit
Jahren als Abstellkammern für Staubsauer und Putzmaterial missbraucht werden,
wenn sie denn nicht schon entsorgt worden sind.
Zudem wirkt in einer Zeit, in der auch bei
Erwachsenen die Beichtpraxis stark zurückgeht, ein Beichtzwang für Kinder
grotesk.
Zwischenrufe: Sollte der Rückgang der
Beichtpraxis bei Erwachsenen eine Handlungsorientierung für die nachwachsende
Generation der Zukunft sein? Weil die Erwachsenen nicht beichten, deswegen
sollen die Kinder nicht vernünftig zur Beichte geführt werden? Was ist das denn
für eine Logik? Dabei ist doch eine kindgemäße Beichtkatechese und
Beichtpastoral die Chance für die Zukunft, dieses wunderbare Sakrament allmählich
wieder in die normale Pastoral einzuführen! Das pastorale Personal könnte doch
mit Katechesen zum Sakrament der Beichte beginnen. Dazu muss man keine
Klimmzüge machen. Das GOTTESLOB bietet ausgezeichnetes Material: 597 DIE
(ERST-)BEICHTE VON KINDERN und 598 HILFEN ZUR GEWISSENSERFORSCHUNG FÜR KINDER.
Die beste Voraussetzung dafür ist eine gute Beichtpraxis der Katecheten, welche
die Kinder zur Beichte hinführen wollen. Die Verwirrung scheint nicht gering,
selbst bei Priestern. Als ich in einer sakramentalen Beichte das Bekenntnis
meiner Sünden abgelegt hatte, sagte mir der Beichtpriester, der es sicher nur
gut meinte: „Aber Herr Pater, Sie müssen doch auch sehen, was Sie Gutes getan
haben!“ Vielleicht dachte er, ich sei depressiv, und glaubte, mich trösten und
mir einen guten Zuspruch geben zu müssen. Ich antwortete: „Ich dachte, in der
Beichte solle ich alle meine Sünden und nur meine Sünden bekennen, und nicht
meine guten Taten aufzählen.“ Danach fragte ich mich, was dieser Priester in
seiner Pfarrei den Kindern zur Vorbereitung der Beichte erzählen wird,
vielleicht in dem Stil: „Liebe Kinder, ihr könnt ganz beruhigt alle eure Probleme
erzählen. Der Priester wird euch gut zuhören und ihr braucht keine Angst zu
haben.“ Dann kann es passieren, dass die Kinder in der Beichte ihre Probleme
mit den Eltern erzählen und von dem Stress, den sie mit ihnen haben, erzählen,
aber nicht ihre Sünden bekennen.
Schließlich ist die Erstkommunionkatechese
inzwischen für nicht wenige Familien der erste tiefere Berührungspunkt mit der
Kirche. Dann gleich mit dem hochtheologischen Sakrament der Buße und Versöhnung
zu kommen, kann leicht überfordern.
Zwischenrufe: Ist das Sakrament der
Eucharistie weniger „hochtheologisch“? Wenn es aber ebenso hochtheologisch ist
wie das Sakrament der Buße, dann ist es konsequent, auch für dieses Sakrament
einen geeigneteren zeitlichen Ansatz zu finden. Aber diese Frage scheint nicht
im Fokus zu stehen. Warum nicht? Vielleicht deswegen nicht, weil mit dieser
Feier sentimentale, nostalgische, romantische Bedürfnisse befriedigt werden; oder
gibt es einen „Gottesbedarf“? Ich bin mir nicht sicher, denn nach dem Weißen Sonntag
ist kein Gottesbedarf mehr vorhanden.
Eine negative erste Beichterfahrung ist
für den weiteren Zugang zur Beichte aber wohl eher abträglich. Das wäre
tragisch, denn bei einem richtigen Verständnis kann das Sakrament tatsächlich
eine positive, befreiende und stärkende Wirkung haben.
Richtig. Die Lösung ist eine
adressaten-adäquate Beichtkatechese.
Ansätze, die bisherige Herangehensweise zu
ändern, gab und gibt es schon: Die Kommission zur Aufarbeitung sexuellen
Missbrauchs im Erzbistum Freiburg etwa forderte 2024 eine Verlegung der ersten
Beichte auf das Jugendalter.
Zwischenruf: Super! Dann doch bitte auch
die Zulassung zum Empfang der Eucharistie. Aber jetzt mal ehrlich: ist denn das
die Lösung? Eine „Verlegung der ersten Beichte auf das Jugendalter“ kann die
Lösung sein, wenn die Vorbereitung auf die Beichte mystagogisch gestaltet wird.
Und es bleibt die Frage nach dem rechten Zeitpunkt für die ersten Empfang der
Eucharistie. Kann denn das so bleiben? Ist denn das alles so ok? Oder scheut
man sich nur deswegen, dieser Frage nachzugehen, weil man jetzt schon den Aufschrei
der (nicht praktizierenden) Eltern scheut?
Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil gab
es laut der Theologin Birgit Jeggle-Merz bis in die 1970er-Jahre vorübergehend
Ausnahmegenehmigungen, die die Beichte erst nach der Erstkommunion
ermöglichten.
Zwischenfrage: Was ist der Vorteil? Und
überhaupt: warum soll denn die Erstkommunion so früh erfolgen?
Jetzt gilt es, das Thema umfassend
anzugehen.
Richtig, dann aber auch bitte wirklich
umfassend, und nicht nur im Blick auf die Beichte. Und damit meine ich: den Weg
der Initialisierung in die Christwerdung bei Beibehaltung der bei uns bis jetzt
immer noch üblichen Kindertaufe.
Vielleicht könnte für Papst Franziskus ja
das gerade begonnene Heilige Jahr der Versöhnung ein Anlass sein, das
Kirchenrecht in Bezug auf die Kinderbeichte ändern.
Zwischenrufe: Das ist zu kurz gedacht. Es braucht mehr. Ganz besonders ein Überdenken der aktuellen Praxis der Spendung des Sakramentes der Firmung. Machen wir uns doch nichts vor: paradoxer oder perverser Weise: ausgerechnet das Sakrament der Mündigkeit ist zum großen Abschiedsfest von der Kirche geworden. Und alle spielen mit, besonders die Bischöfe.