Gabriele Höfling ist Redakteurin bei katholisch.de. Sie schreibt:
Die bisherige, im Kirchenrecht verankerte Praxis, den
Erstkommunionempfang von 8- oder 9-Jährigen an die Bedingung der vorherigen
Beichte zu knüpfen, ist hochproblematisch. Das zeigt eine ganze Reihe von
Argumenten: Einerseits sind Kinder entwicklungspsychologisch laut Experten in
diesem Alter noch gar nicht in der Lage, Konzepte wie Schuld und Sünde richtig
zu begreifen.
Meine Frage: Sind die Kinder in diesem Alter fähig, das
Mysterium der Eucharistie „richtig zu begreifen“? Meine Erfahrungen: Wenn ich
die Kommunion austeile an Kinder in diesem Alter, dann habe ich den Eindruck,
dass sie nicht wissen, was sie empfangen. Dabei bin ich mir nicht sicher, woran es liegt: an ihrer mangelnder Intelligenz oder an der inkompetenten Vorbereitung zum Empfang der ersten heiligen Kommunion.
Studien haben zudem belegt, dass die Beichte anfällig ist
für die Anbahnung von Kindesmissbrauch.
Mein Zwischenruf: Um genau das zu verhindern, haben wir
die gute alte Tradition von Beichtstühlen, die aber seit Jahren als Abstellkammern für
Staubsauer und Putzmaterial missbraucht werden, wenn sie denn nicht schon
entsorgt worden sind.
Zudem wirkt in einer Zeit, in der auch bei Erwachsenen die
Beichtpraxis stark zurückgeht, ein Beichtzwang für Kinder grotesk.
Zwischenrufe: Das pastorale Personal könnte doch mit
Katechesen zum Sakrament der Beichte beginnen, mit dem richtigen Material: siehe KKK 1420-1498 (oder
GOTTESLOB), da es doch selber (hoffentlich) dieses Sakrament in Anspruch nimmt
und gute Erfahrungen damit macht. Die Verwirrung scheint nicht gering, selbst
bei Priestern. Als ich in einer sakramentalen Beichte das Bekenntnis meiner
Sünden abgelegt hatte, sagte mir der Beichtpriester, der es sicher nur gut
meinte: „Aber Herr Pater, Sie müssen doch auch sehen, was Sie Gutes getan
haben!“ Ich antwortete: „Ich dachte, in der Beichte solle ich nur und alle
meine Sünden bekennen, und nicht meine guten Taten aufzählen.“ Danach fragte ich mich, was
dieser Priester in seiner Pfarrei den Kindern zur Vorbereitung der Beichte erzählen
wird.
Schließlich ist die Erstkommunionkatechese inzwischen für
nicht wenige Familien der erste tiefere Berührungspunkt mit der Kirche. Dann
gleich mit dem hochtheologischen Sakrament der Buße und Versöhnung zu kommen,
kann leicht überfordern.
Zwischenrufe: Ist das Sakrament der Eucharistie weniger „hochtheologisch“?
Wenn es aber ebenso hochtheologisch ist wie das Sakrament der Buße, dann ist es
konsequent, auch für dieses Sakrament einen geeigneteren zeitlichen Ansatz zu
finden.
Eine negative erste Beichterfahrung ist für den weiteren
Zugang zur Beichte aber wohl eher abträglich. Das wäre tragisch, denn bei einem
richtigen Verständnis kann das Sakrament tatsächlich eine positive, befreiende
und stärkende Wirkung haben.
Richtig. Die Lösung ist eine adressaten-adäquate
Beichtkatechese.
Ansätze, die bisherige Herangehensweise zu ändern, gab und
gibt es schon: Die Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im
Erzbistum Freiburg etwa forderte 2024 eine Verlegung der ersten Beichte auf das
Jugendalter.
Zwischenruf: Super! Dann doch bitte auch die Zulassung
zum Empfang der Eucharistie.
Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil gab es laut der
Theologin Birgit Jeggle-Merz bis in die 1970er-Jahre vorübergehend
Ausnahmegenehmigungen, die die Beichte erst nach der Erstkommunion
ermöglichten.
Zwischenfrage: Was ist der Vorteil?
Jetzt gilt es, das Thema umfassend anzugehen. Vielleicht
könnte für Papst Franziskus ja das gerade begonnene Heilige Jahr der Versöhnung
ein Anlass sein, das Kirchenrecht in Bezug auf die Kinderbeichte ändern.
Zwischenrufe: Das ist zu kurz gedacht. Es braucht mehr.
Ganz besonders ein Überdenken der aktuellen Praxis der Spendung des Sakramentes
der Firmung. Machen wir uns doch nichts vor: paradoxer oder perverser Weise:
ausgerechnet das Sakrament der Mündigkeit ist zum großen Abschiedsfest von der
Kirche geworden. Und alle spielen mit, besonders die Bischöfe.