Sonntag, 9. Mai 2010

Futurologie und Einwohnung Gottes

6. Sonntag der Osterzeit (C)
Predigt in der Wallfahrtskirche Vilgertshofen
am 9. Mai 2010


2. Lesung Offb

Im Credo bekennen wir: Wir erwarten das Leben der kommenden Welt.

a) Gott wird also sein Werk vollenden.
V10 von oben herab = Das Heil wird von Gott geschenkt. Wie wird das sein?
Darüber kann nur in Bildern und Gleichnissen gesprochen werden.
Die Lesung spricht davon. Aber das ist kein Plan für einen Wettbewerb im Städtebau; sondern das ist das Israel der Vollendung.
Die Gemeinschaft der Erlösten erscheint als die leuchtende Stadt.
In der künftigen Stadt wird es keinen Tempel mehr geben.
Johannes sieht keinen Tempel = besondere Wohnstätte Gottes.
Dem Priester vorbehalten.
Jetzt: der direkte Zugang zu Gott und Christus ist für jeden Wirklichkeit geworden. „In ihm haben wir den freien Zugang durch das Vertrauen, das der Glaube an ihn schenkt.“ (Eph 3,12).
„Durch ihn haben wir auch den Zugang zu der Gnade erhalten, in der wir stehen, und rühmen uns unserer Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes“ (Röm 5,2).
Wenn es keinen Tempel mehr gibt, dann auch kein Priestertum, kein Opfer, keine Unterscheidung zwischen dem Religiösen und dem Menschlichen.
In der zukünftigen Stadt gibt es keinen Kult mehr.
Es ist alles irgendwie „laisiert“. - Aber nicht, weil Gott abwesend wäre.
Sondern durch das genaue Gegenteil: durch die Fülle Gottes. Überall wird Gott sein. In allem wird Gott sein. Er wird alles erfüllen.
Und wir werden immer unmittelbar zu ihm sein. Durch den gekreuzigten und auferstandenen Sohn Gottes, das geschlachtete Lamm.
Gott, der im unzugänglichen Licht wohnt – ist für uns Menschen zugänglich geworden.


b) Die zukünftige Stadt wird Gemeinschaft sein. Es ist der Plan Gottes, seine ganze Menschheitsfamilie untereinander zu vereinen, an sich zu ziehen, mit sich zu vereinen.
Das lesen wir hier: die Namen der 12 Stämme der Söhne Israels (V.12) = das Volk des Alten Bundes. Für die Völker der Erde geöffnet.
Zwölf Grundsteine: Die 12 Namen der 12 Apostel des Lammes: = Kirche

Warum hören wir diese Lesung in der Osterzeit?
- das Osterereignis macht die Ordnung des Alten Bundes hinfällig.
- die Christen gingen nicht mehr in den Tempel aus Steinen in Jerusalem.
- Nun war die Versammlung der Christen der Ort, wo Gott erfahren wurde.
- es geht nicht mehr um die Wallfahrt nach Jerusalem. Sondern umgekehrt: die Kirche macht nun Gott in der Welt gegenwärtig.
- die Braut des Lammes ist die Kirche. Und diese ist vom Himmel herabgestiegen. Und so kann jeder in Gemeinschaft mit dem Lamm kommen, durch die Kirche.

Wenn wir jetzt Eucharistie feiern, dann wird diese Veränderung gegenwärtig.
- unsere Versammlung um Christus ist der Tempel.
- wir haben kein anderes Opfer als das Selbstopfer Jesu Christi und das Opfer unserer Hingabe mit Christus an den Vater.

Zum Evangelium Joh 14,23-29

Das Evangelium ist den johanneischen Abschiedsreden entnommen.
Diese richten sich zunächst an die Zeitgenossen und Leser des Autors, das heißt: an die christlichen Gemeinden um das Jahr 100 nach Christus.
Diese syrischen und kleinasiatischen Christen hatten ihren Herrn Jesus weder gesehen noch persönlich gehört.
Und ihre Hoffnung auf seine glorreiche Wiederkunft bislang war vergeblich geblieben, hatte sich nicht erfüllt.
Darum waren sie verwirrt, mutlos, enttäuscht. In ihrer gesellschaftlichen Umgebung isoliert.
Diesen Menschen wollte der Evangelist im Namen Jesu etwas erklären.
Er wollte ihnen sagen, was es bedeutet, an Jesus zu glauben, ihn zu lieben, sein Wort zu bewahren.

Gott liebt keine spektakulären Manifestationen.
Gott wird in denen Wohnung nehmen, die sein Wort bewahren.

Und hier haben wir eine ganz interessante Verbindung zur Lesung aus der Offenbarung des Johannes: Das Wohnen Gottes im Menschen.
Der Tempel aus Stein in Jerusalem galt als der Ort der Gegenwart Gottes.
Aber das Zeichen war zu materiell. Und Gott verließ den Tempel.
Paulus spricht auch von einem Tempel, aber von einem maßlosen Tempel. Denn das Maß des neuen Tempels ist die Liebe. Und die ist maßlos. Also ist auch der neue Tempel der Liebe maßlos.
Die ersten Christen hatten begriffen, daß es nicht mehr notwendig ist, Gott in einem Tempel aufzusuchen.
Denn nun waren alle ihre liturgischen Versammlungen der Ort des Wohnens Gottes.
Und das ist die innere wirkmächtige Gegenwart des Heiligen Geistes in unseren Herzen.
„Wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt und den ihr von Gott habt? Denn um einen teuren Preis seid ihr erkauft worden. Verherrlicht also Gott in eurem Leib.“ (1 Kor 6,19-20).
„Wir sind doch der Tempel des lebendigen Gottes“ (2 Kor 6,16).
„Ihr seid also jetzt nicht mehr Fremde ohne Bürgerrecht, sondern Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes. Ihr seid auf das Fundament der Apostel und Propheten gebaut; der Schlussstein ist Christus Jesus selbst. Durch ihn wird der ganze Bau zusammengehalten und wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn. Durch ihn werdet auch ihr im Geist zu einer Wohnung Gottes erbaut“ (Eph 2,19-22).

b) Jesus kündigt den Aposteln an, dass er sie nicht verlassen werde, da er im Geist wiederkehren würde.

Das "Erinnern" des Heiligen Geistes ist keine rein informative Tätigkeit, als müßte den Gläubigen nur immer wieder erzählt werden, was Jesus früher einmal gesagt und getan hat.
Sondern: der Heilige Geist hat die Aufgabe, das einstige Wirken Jesu zu vergegenwärtigen, in der Gemeinde und durch die Gemeinde für die Welt.

Und das alles gilt genauso für uns heute:
Christus bleibt gegenwärtig in seiner Kirche. – Aha! – Ja, aber: wie?

1. er offenbart sich durch sein Wort, das verkündet, gehört und geglaubt wird,
2. und durch die Liebe, mit der die Glaubenden an seinem Wort festhalten.

Die Glaubenden: das ist jeder einzelne, und es ist die große Gemeinschaft all derer, die im Licht des auferstandenen Christus ihren Weg gehen.

Jesus nimmt Abschied. Er wünscht den Apostel Frieden.
„Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht einen Frieden, wie die Welt ihn gibt, gebe ich euch.“ – Jesus nimmt Abschied, indem er Frieden wünscht.
Es ist ein besonderer Abschied: Er gibt eine besondere Gabe. Dieser Friede ist etwas anderes, als das, was Politiker versprechen herzustellen.

Jesus verheißt uns den Geist und schenkt uns den Frieden: die Gewissheit der bleibenden Gemeinschaft mit ihm und dem Vater.

Jesus gibt die messianischen Heilsgüter.
Die Gaben, die die Propheten für die Endzeit verheißen hatten:
zB vom Propheten Jesaja:

„Am Ende der Tage wird es geschehen: Der Berg mit dem Haus des Herrn steht fest gegründet als höchster der Berge, er überragt alle Hügel, zu ihm strömen die Völker. Viele Völker machen sich auf den Weg; sie sagen: Kommt, wir ziehen hinauf zum Berg des Herrn und zum Haus des Gottes Jakobs. Er zeige uns seine Wege, auf seinen Pfaden wollen wir gehen. Denn vom Zion kommt die Weisung des Herrn, aus Jerusalem sein Wort.
Er spricht Recht im Streit der Völker, er weist viele Nationen zurecht.
Dann schmieden sie Pflugscharen aus ihren Schwertern und Winzermessern aus ihren Lanzen. Man zieht nicht mehr das Schwert, Volk gegen Volk, und übt nicht mehr für den Krieg.“ (Jes 2,2-4).

„Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns geschenkt. Die Herrschaft liegt auf seinen Schultern; man nennt ihn: Wunderbarer Ratgeber, Starker Gott, Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens. Seine Herrschaft ist groß, und der Friede hat kein Ende.“ (Jes 9,5-6).

1 Doch aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Reis hervor, / ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt Frucht.
2 Der Geist des Herrn lässt sich nieder auf ihm: / der Geist der Weisheit und der Einsicht, der Geist des Rates und der Stärke, / der Geist der Erkenntnis und der Gottesfurcht.
3 [Er erfüllt ihn mit dem Geist der Gottesfurcht.] / Er richtet nicht nach dem Augenschein / und nicht nur nach dem Hörensagen entscheidet er,
4 sondern er richtet die Hilflosen gerecht / und entscheidet für die Armen des Landes, wie es recht ist. Er schlägt den Gewalttätigen / mit dem Stock seines Wortes und tötet den Schuldigen / mit dem Hauch seines Mundes.
5 Gerechtigkeit ist der Gürtel um seine Hüften, / Treue der Gürtel um seinen Leib.
6 Dann wohnt der Wolf beim Lamm, / der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen, / ein kleiner Knabe kann sie hüten.
7 Kuh und Bärin freunden sich an, / ihre Jungen liegen beieinander. / Der Löwe frisst Stroh wie das Rind.
8 Der Säugling spielt vor dem Schlupfloch der Natter, / das Kind streckt seine Hand in die Höhle der Schlange.
9 Man tut nichts Böses mehr / und begeht kein Verbrechen / auf meinem ganzen heiligen Berg; denn das Land ist erfüllt von der Erkenntnis des Herrn, / so wie das Meer mit Wasser gefüllt ist. (Jes 11)

Wir kennen diese Teste von Jesaja aus den Lesungen der Adventszeit.
Das sind die messianischen Gaben, die die Propheten für die Endzeit verheißen haben
Und diese Gaben gibt Jesus jetzt.
Weil jetzt die Heilszeit angebrochen ist.
DIE Gabe ist das Leben des Vaters: göttliches, unzerstörbares, ewiges Leben – das tragen wir jetzt schon ist uns: durch den Glauben, durch die Taufe, durch die Gnade, die immer in uns erneuert wird durch die Sakramente der Buße und der Eucharistie – so sind wir mit Christus verbunden wie die Reben am Weinstock, so fließt sein göttliches Leben immer in uns hinein.

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