Samstag, 15. Mai 2010

"Wir können die Pille auch als Geschenk Gottes sehen"

Wenn Sie jetzt an Ihre Schlaftabletten oder Kopfschmerztabletten denken und Gott dafür danken, dann tun Sie zwar das Richtige, aber dann sind Sie nicht gerade up to date.
Lesen Sie mal die Zeitung, z. B. die Sonderbeilage der SZ zum Ökumenischen Kirchentag (15./16. Mai 2010, SZ Nr. 110, Seite 46).
"Die Äußerungen der ehemaligen EKD-Ratsvorsitzenden Magot Käßmann über die Pille sind in der katholischen Kirche mit Gelassenheit aufgenommen worden. Bei einem Gottesdienst in der Münchner Liebfrauenkirche hatte Käßmann am Donnerstagabend gesagt, dass man die Pille "auch als ein Geschenk Gottes sehen" könne. Eine Feststellung, von der sich manche einen ersten kleinen Kirchentagsskandal versprachen, hatte Käßmann als Ort für ihr Lob der Pille doch ausgerechnet den katholischen Dom in München gewählt.
Die Aufregung aber hielt sich am nächsten Tag in engen Grenzen. Der Vorsitzende der Bayerischen Bischofskonferenz, Reinhard Marx, werde sich zu diesem Thema nicht äußern, ließ sein Sprecher wissen. Auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, mochte die Ausführungen von Margot Käßmann nicht weiter kommentieren: "Ich war nicht dabei und will dazu nichts sagen." Zu einer Provokation, so läßt man bei der kathoischen Kirche durchblicken, gehörten immer zwei - einer, der provozieren wolle und einer, der sich provozieren lasse. In diesem Fall sei beides nicht gegeben, so heißt es. Auch der Vorsitzende des Zentralkommitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, sieht die Katholiken durch Käßmanns Äußerung nicht provoziert. In der Bewertung der Pille dächten viele katholische Frauen we evangelische Ex-Bischöfin.
In ihrer Ansprache hatte Käßmann den Bibelauftrag "Seid fruchtbar und mehret euch" einer an der Gegenwart, insbesondere an der drohenden Überbevölkerung ausgerichteten Exegese unterzogen, wobei sie zu dem Schluss kam, dass man, wolle man "den Segen des Gebärens nicht zum Fluch werden lassen", für die Geburtenkontrolle eintreten müss. In diesem Zusammenhang hannte sie die Pille "durchaus" ein Geschenk Gottes und erntete dafür Beifall." Soweit die SZ.
Dass es sich also weder um Kopfschmerz- oder Schlaftabletten handelt, dürfte nun klar geworden sein. Nicht klargeworden ist, ob empfängnisverhütende oder abtreibende Pillen gemeint sind.
Dabei hat der Heilige Stuhl mehrfach verlauten lassen, daß Geburtenkontrolle nicht das geeignete Mittel für die Lösung des Problems der Überbevölkerung ist.
Ist eh wurscht, man lässt sich ja nicht provozieren, und das war ja auch gar keine Provokation.
Eine charmante Plausibilitätsstruktur.
Diese Töne sind nicht neu, neu aber ist es, diese Töne an einem solchen Ort zu vernehmen.
Ob Papst Benedikt beim Abfassen seines Grußwortes zum ÖKT ahnen konnte, welche Erkenntnisse protestantischer Exegese in seiner ehemaligen Kathedrale verkündet würden?
Und das ordentliche Lehramt schweigt.
Wir berufen uns doch alle so gerne auf das Zweite Vatikanische Konzil.
Dort aber heißt es: Die Bischöfe "...verkündigen dem ihnen anvertrauten Volk die Botschaft zum Glauben und zur Anwendung auf das sittliche Leben und erklären sie im Licht des Heiligen Geistes, indem sie aus dem Schatz der Offenbarung Neues und Altes hervorbingen..." (LG 25).
Die nonverbale Botschaft an die weniger informierten katholischen Christen lautet: "Schaut her, wir sind alle derselben Meinung." Der Beifall zeigte es.
Momentane episcopale Depression oder neuer Stil der "Ökumene"?

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