Mittwoch, 3. Dezember 2025

Predigt Erster Adventssonntag Lesejahr A am 30.11.2025 in der Klosterkirche von St. Ottilien

 

Predigt am Ersten Adventssonntag (30.11.2025)

9.15 Uhr im Konventamt in St. Ottilien

 

Erste Lesung Jesaja 2,1-5

Zweite Lesung Römerbrief 13,11-14a

Evangelium Matthäus 24,37-44

 

Pater Willibrord Driever OSB

 

Liebe Brüder und Schwestern,

Was denken Sie, wenn Sie das Wort Advent hören?

O Gott, bald ist ja schon wieder Weihnachten! Was schenke ich denn? Und die Einkäufe für die Festtage.

Also: Advent – Vorbereitung auf Weihnachten.

Das ist schon richtig, und das hat auch seinen Platz in der Liturgie, aber nur am Ende der Advents-Zeit in den letzten sieben Tagen, vom 17. bis zum 23. Dezember

Die längste Zeit des Advent, vom 1. Adventssonntag bis zum 16. Dezember, hat eine andere Bedeutung. Welche?

-        Der Advent erinnert uns an eine einfache und wichtige Glaubenswahrheit.

-        an ein Geheimnis unseres Glaubens, nämlich dass unser Herr und Heiland Jesus Christus wiederkommen wird in Herrlichkeit.

-        Und wann soll das geschehen?

-        Nicht am Ende der Zeiten aus Anlass einer kosmischen Katastrophe.

-        Sondern wenn er, der Herr, die Zeiten vollenden wird, also bei der Vollendung der Zeiten.

-        An diese Wahrheit erinnert uns der Advent: in jeder heiligen Messe:

 

An jedem Sonntag bekennen wir im Großen Glaubensbekenntnis:

„Er (=Christus) sitzt zur Rechten des Vaters

und wird wiederkommen in Herrlichkeit,

zu richten die Lebenden und die Toten;

und seiner Herrschaft wird kein Ende sein.“

 

Und im Apostolischen Glaubensbekenntnis bekennen wir:

„…er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters;

von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.“

 

In jeder Eucharistiefeier, nach der Wandlung: singen oder sprechen wir:
“Deinen Tod, o Herr, verkünden wir,

und deine Auferstehung preisen wir … wie lange?

bis du kommst in Herrlichkeit.“

 

Im Dritten Hochgebet beten wir:

„Wir verkünden sein heilbringendes Leiden,

seine glorreiche Auferstehung und Himmelfahrt

und erwarten seine Wiederkunft.“

 

Im Vierte Hochgebet beten wir:

„Wir verkünden den Tod deines Sohnes

und sein Hinabsteigen zu den Vätern,

bekennen seine Auferstehung und Himmelfahrt

und erwarten sein Kommen in Herrlichkeit.“

 

Und in jeder Eucharistiefeier betet der Priester in der Weiterführung des VU:

„Komm uns zu Hilfe mit deinem Erbarmen und bewahre uns vor Verwirrung und Sünde, damit wir voll Zuversicht das Kommen unseres Erlösers Jesus Christus erwarten.“

 

Glauben wir das? Erwarten wir die wirklich volle Zuversicht?

 

Wenn wir IHN und seine Wiederkunft nicht erwarten oder das nicht glauben oder überhaupt nicht „auf dem Schirm“ haben, dann will uns der Advent genau das in Erinnerung rufen. Was genau?

 

Nicht das Kind in der Krippe. Und erst recht nicht den Weihnachtsmann.

 

Sondern dieses Geheimnis unseres Glaubens: dass da einer auf uns zukommt.

Der auf uns zukommt – ist das Wort Gottes, menschgeworden im Schoß der Jungfrau, gekreuzigt, gestorben und auferweckt, erhöht zum Vater, der die Wundmale seines Leidens als Zeichen seiner Identität an seinem verklärten Leib trägt.

 

ER kommt auf uns zu. Immer und jetzt, in dieser Heiligen Messe, im Mitmenschen und im Augenblick unseres je persönlichen Todes und bei der Vollendung der Zeiten.

 

„Jetzt ist das Heil uns näher als zu der Zeit, da wir gläubig wurden.“ (Paulus in der Zweiten Lesung)

 

Das stimmt immer. - In jedem Augenblick ist das Heil uns näher als zuvor.

 

ER, das Heil in Person, kommt immer auf uns zu.

Darum haben wir Christen immer Zukunft.

Weil ER immer auf uns zu kommt.

 

In diesem Sinne interpretieren wir die Herz-Jesu-Darstellung im Baldachin über dem Tabernakel:

Es ist der am Ende der Zeiten auf den Wolken des Himmels wiederkommende Christus.

Er ist der Zielpunkt, auf den deine persönliche Geschichte und die Geschichte der gesamten Menschheit hinzielt.

Das ist eine sichere Hoffnung, fest gegründet.

 

Die Kirche erkennt in den Worten des Propheten Jesaja eine Vorausahnung dieser gesicherten Hoffnung, eine Vorausahnung dieser Zukunft.

In der ersten Lesung haben wir davon gehört:
Am Ende der Tage wird es geschehen:
Der Berg mit dem Haus des Herrn

Steht fest gegründet als höchster der Berge; Er überragt alle Hügel.

 

Die sichere Hoffnung hat praktische Konsequenzen.

Paulus spricht davon in der Zweiten Lesung: es sind im Grunde drei Punkte:

1.    ablegen die Werke der Finsternis,

2.    anlegen die Waffen des Lichtes. Paulus gebraucht eine kriegerische Sprache.

Christliches Leben als Kampf, als Kriegsdienst. Geistliche Waffenrüstung (Epheser)

3.    Ehrenhaft leben wie am Tag. Modern gesprochen: transparent sein.

Paulus fasst zusammen: Legt als neues Gewand den Herrn Jesus Christus an.

D. h.: übernehmt seine Gesinnung, seine Lebensart.

Das Tagesgebet spricht von „Taten der Liebe“.

 

Was Paulus uns hier empfiehlt, das ist im Grunde nichts anderes als eine Lebensführung aus der Taufgnade und aus der Taufverpflichtung.

 

Das wäre dann die Praxis der Wachsamkeit, von der Jesus im Evangelium gesprochen hat.

Dass ER kommt – das ist sicher.

Wann ER kommt – das ist unsicher. Darum: Seid wachsam.

 

Wenn wir das Wollen – und dieses Wollen ist schon vom Herrn geschenkt, dann schenkt er auch das Vollbringen.

 

„Herr, unser Gott, alles steht in deiner Macht;

du schenkst das Wollen und das Vollbringen.

Hilf uns, dass wir auf dem Weg der Gerechtigkeit

Christus entgegengehen

Und uns durch Taten der Liebe auf seine Ankunft vorbereiten,

damit wir den Platz zu seiner Rechten erhalten,

wenn er wiederkommt in Herrlichkeit.

Mittwoch, 26. November 2025

Die Sünde gegen den Heiligen Geist

 

Predigt am Samstag, 11. Oktober 2025,

der 28. Woche im Jahreskreis, Jahr I, Evangelium Lukas 11,27-28

in Medjugorje

 

Was ist eigentlich die Sünde gegen den Heiligen Geist?

Gestern haben wir im Evangelium von der Austreibung eines Dämons gehört.

Jesus hatte einen Dämon aus einem Besessenen ausgetrieben, der stumm war.

Jesus sagte, er habe den Dämon mit dem Finger Gottes ausgetrieben.

Nur mit dem Finger.

Gott muss nicht seine ganze Macht einsetzen.

Es reicht der Finger, ein Wink, eine Berührung, um den starken Mann Satan zu fesseln und um den stummen Besessenen zu befreien.

Das ist die Macht Gottes.

Die Macht Gottes – das ist der Heilige Geist.

Und Jesus war erfüllt mit dem Heiligen Geist:

-        Bei seiner Empfängnis im Schoss seiner Mutter Maria kam der Heilige Geist auf Maria.

-        Bei seiner Taufe

-        Bei seinem ersten Auftritt in der Synagogen von Nazareth: Der Geist des Herrn ruht auf mir.

Komm, Schöpfer Geist, kehr bei uns ein,

besuch das Herz der Kinder dein

die deine Macht erschaffen hat

erfülle nun mit deiner Gnad.

Der du der Tröster wirst genannt

Vom höchsten Gott ein Gnadenpfand,

du Lebensbrunn, Licht, Lieb und Glut,

der Seele Salbung höchstes Gut.

O Schatz, der siebenfältig ziert.

Du Finger Gottes, der uns führt.

Geschenk vom Vater zugesagt,

du, der die Zungen reden macht.

Der Heilige Geist = der Finger Gottes, der uns führt,

der Heilige Geist, vom Vater zugesagt, geschenkt in der Taufe der die Zungen reden macht.

Jesus hatte den Dämon durch den Finger Gottes ausgetrieben, durch den Heiligen Geist.

Alle Leute staunten über Jesus.

Aber einige von ihnen sagten über Jesus: Mit Hilfe von Beelzebul, dem Anführer der Dämonen, treibt er die Dämonen aus.

Sie behaupten: Jesus habe einen dämonischen Geist.

Der Geist Jesu sei ein dämonischer Geist.

Das ist die Sünde gegen den Heiligen Geist.

Ich nehme an: Niemand von den Anwesenden wird sich dieser Sünde schuldig machen.

Aber wir können uns in einem anderen Sinne dieser Sünde schuldig machen.

Jede Vergebung geschieht in der Kraft des Heiligen Geistes: die Vergebung unserer Sünden, die wir von Gott erbitten und erhalten in der sakramentalen Beichte. Und die Vergebung, die wir schenken den Personen, von denen wir verletzt worden sind.

Wenn wir diese zweite Vergebung verweigern, dann verschließen wir uns dem Heiligen Geist, dann sündigen wir gegen den Heiligen Geist.

Diese Sünde kann nicht vergeben werden – nicht deswegen, weil Gott an die Grenzen seiner Vergebungsbereitschaft gekommen wäre, sondern weil wir uns der Vergebung verweigern.

Jetzt ein Blick auf das heutige Evangelium.

Da ist eine anonyme Frau mit ihrem ekstatischen Lobpreis auf eine andere anonyme Frau: Selig der Leib, der dich getragen und die Brust, die dich genährt hat.

Dieser Lobpreis geht direkt auf Maria, dieser Lobpreis geht indirekt auf Jesus, dem die Frau gerade zuhört.

Diese anonyme Frau widersetzt sich mit ihrem Urteil über Jesus dem Urteil der Öffentlichkeit und das in aller Öffentlichkeit: Jesus sein von Beelzebul besessen.

Diese Frau kommt zu einem anderen Urteil über Jesus, ein Urteil, was sich unterscheidet. Wie kommt das?

Das eine und dasselbe Wort Gottes wird angenommen zum Verfluchen und zum Lobpreis. Das ist das Schicksal des Wortes Gottes.

Das Wort Gottes fällt auf den Weg, auf steinigem Grund, unter die Dornen und auch auf gutem Boden.

Wie reagiert Jesus auf diesen Lobpreis?

-        Keine Zurückweisung

-        Aber eine Korrektur, eine Klarstellung

Jesus erklärt: Ja, meine Mutter ist selig zu preisen, aber nicht zuerst deswegen, weil sie mich empfangen und geboren und genährt hat.

Sondern meine Mutter ist deswegen selig zu preisen, weil sie zu denen gehört, die das Wort Gottes hören und es befolgen.

Er sagt: Meine Mutter ist die vollkommene Hörerin des Wortes Gottes.

Und alle, die ebenso wie meine Mutter, das Wort Gottes hören und es befolgen, sind selig zu preisen, und sie haben Gemeinschaft mit mir, sie sind für mich Bruder und Schwester und Mutter.

Was tut Jesus hier?

Jesus nimmt den Lobpreis dieser anonymen Frau an und erweitert diesen Lobpreis auf alle, die – wie seine Mutter – sich zu einem Gefäß für das Wort Gottes machen, wie seine Mutter es getan hat.

Maria konnte das sein (Gefäß) und tun – in einer vollkommenen Weise, weil sie die Immaculata ist.

Wir können Gefäß für das Wort Gottes sein – in einer gebrochenen Weise, weil wir alle unter den Folgen der Erbsünde leiden.

Aber immerhin: wenigstens in einer gebrochenen Weise.

Und darum gehen wir auf Wallfahrt, nach Medjugorje.

Die Gospa bittet dich, das anzunehmen, was der Herr dich in diesen Tagen oder heute hat erkennen lassen.

In der Lesung: Joel, zweimal „Tal der Entscheidung“ – das ist unser Herz, das Tal der Entscheidung, in deinem Herzen triffst du die Entscheidung für die Gabe des Wortes Gottes, ob du es annimmst oder erst mal auf die Seite stellst.

Gott lässt dir die Zeit, die du brauchst.

Dienstag, 27. Mai 2025

Ablass - Segen - Exerzitien

Eine (als Zoom registrierte) Katechese über den Ablass und über den sogenannten Päpstlichen Segen zum Abschluß von Exerzitien, hier zum Abschluss der 30wöchigen Exerzitien bei Injigo am Montag, 19. Mai 2025.

Pater Dr. Willibrord Driever OSB, Rom – St. Ottilien

 

Liebe Freunde,

am Ende von Exerzitien gewährt die Kirche den Ablass.

Was ist der Ablass nicht?

Er ist nicht die Vergebung der Sünden.

Was ist dann der Ablass?

Um den Ablass zu verstehen, muss man unterscheiden zwischen einer Tat und den Folgen der Tat, den Konsequenzen.

So auch bei der Sünde,

da ist die Sünde als eine Tat und da sind die Folgen der Sünden, die Konsequenzen, z. B. die schlechten Gewohnheiten. Das sind die sogenannten Sündenstrafen. Dieser Begriff ist problematisch; denn bei „Strafen“ denken wir an Bestrafungen, die wir als Kinder erhielten, wenn wir etwas Unrechtes getan hatten. Und das tut Gott ja gerade nicht, er legt uns keine Bestrafungen auf, sondern hier sind es einfach die natürlichen Folgen der Taten, die wir begangen haben.

Die Sünden werden in der Beichte vergeben von Gott aufgrund unserer Reue.

Was bleibt, das sind die Folgen der Sünden, die schlechten Gewohnheiten, die wir uns durch fortgesetzte Handlungen angeeignet haben. Diese Folgen müssen abgearbeitet werden. Und das ist nicht einfach.

Wie geschieht das Abarbeiten?

Indem wir die den Lastern entgegengesetzten Tugenden einüben. Dabei helfen uns die guten Werke, die Werke der Nächstenliebe, die ehrlich gemeinten Gebete, die von Herzen kommen, auch das geduldige Annehmen von Kreuz und Leid und das geduldige Ertragen von Leiden und Prüfungen aller Art. Das ist also ein Prozess der Reinigung.

Wo geschieht das?

Das geschieht zunächst mal hier auf Erden. Und wenn wir Zeit unseres Lebens damit nicht fertig geworden sind, dann geht dieser Prozess weiter – im Fegefeuer, in diesem Zustand der Reinigung.

Übrigens: auch das Fegefeuer ist kein Ort der Bestrafung, so eine kleine Mini-Hölle; sondern ein Ort der Reinigung. Die Seele auf dem Weg in den Himmel stürzt sich in diese Reinigung, um so fähig zu werden, in die Herrlichkeit eingehen zu können.

Und da kommt uns die Kirche entgegen und hilft uns.

Sie hilft uns dabei, unsere schlechten Neigungen zu überwinden.

Sie sagt: Wenn du bestimmte Bedingungen erfüllst, dann schenke ich dir den Nachlass der Sündenstrafen, der Sündenfolgen.

Wie kann das die Kirche tun?

Indem die Kirche aus dem Gnadenschatz schöpft.

Was ist das denn: der Gnadenschatz?

Das sind nicht die Kunstschätze in den vatikanischen Museen.

Der Gnadenschatz besteht in dem unendlichen und unerschöpflichen Wert, den bei Gott die Sühneleistungen und Verdienste Jesu Christi haben, die dargebracht wurden, damit die gesamt Menschheit von der Sünde frei werde und zur Gemeinschaft mit dem Vater gelange. Der Gnadenschatz ist Christus selber.

Außerdem gehört dazu auch der stets neue Wert, den die Gebete und guten Werker der Gottesmutter und aller Heiligen besitzen. Sie dem Herrn gefolgt, haben sich geheiligt. So haben sie ihr eigenes Heil gewirkt und dadurch auch zum Heil ihrer Brüder in der Einheit des mystischen Leibes beigetragen (KKK 1474-1477).

Und warum kann die Kirche aus dem Gnadenschatz schöpfen?

Sie kann daraus schöpfen aufgrund ihrer Gewalt zu binden und zu lösen; der Stifter Kirche, Jesus Christus, hat Petrus und damit der Kirche diese Vollmacht anvertraut.

Und was sind die Bedingungen, die wir dabei erfüllen müssen?

Zunächst: dabei geht es nicht nur um die äußeren Bedingungen, sondern ganz besonders um unsere geistliche Haltung, die damit verbunden sein sollte; wenn diese innere Gesinnung fehlen würde, dann würden wir in den Aberglauben und in magisches Denken verfallen.

Also hier jetzt die vier Bedingungen und die damit verbundenen inneren Haltungen:

Innere Haltung

Kommt zum Ausdruck in:

Die Erkenntnis meiner Sünden und die reuige Umkehr zum himmlischen Vater

1.  1. In der heiligen Beichte, 8 Tage vorher oder nachher

Mein Wunsch, mich liebend mit dem Herrn zu verbinden und ihn als die Fülle der Gnaden zu empfangen, mich stärken zu lassen auf meinem geistlichen Weg in der Nachfolge Christi

2. 2. In der  andächtigen und würdigen Mitfeier der heiligen Messe und im Empfang der Heiligen Eucharistie

Durch jede Sünde habe ich mich mehr oder weniger von der Gemeinschaft der Kirche getrennt, auch wenn mir das in diesen Dimensionen nicht bewusst war und ich es so nicht gewollt habe. Aber es ist geschehen. Darum braucht es nach meiner Trennung von der Gemeinschaft der Kirche auch wieder meine Rückkehr in diese Gemeinschaft.

3.   3. In den vorgeschriebenen Gebeten in der „Meinung des Heiligen Vaters“, meist das Vaterunser, Ave, Glaubensbekenntnis. Dabei geht es nicht um die privaten Meinungen und Ideen des jeweiligen Papstes, sondern um die Anliegen der Kirche.

 

4.   4. Das Ablass-Werk, und das können sehr viele Werke sein, von denen das eine oder andere ausgewählt werden kann. Nach dem Doppelgebot der Gottesliebe und der Nächstenliebe können wir diese Werke einteilen in:

a) Gebete und Andachten: z. B. halbe Stunde Anbetung, Bibel, Rosenkranz, Kreuzweg, Litaneien.

b) Besonders Werke der Nächstenliebe, die sieben leiblichen Werke der Barmherzigkeit: Hungrige speisen, Durstige tränken, Nackte bekleiden, Fremde beherbergen, Kranke pflegen, Gefangene besuchen, Tote begraben) nach dem Matthäus-Evangelium. Alte Menschen, Behinderte besuchen: wenn wir das tun mit den üblichen geistlichen und sakramentalen und betenden Bedingungen tun, dann können wir bei jedem Besuch täglich einen vollkommenen Ablass erlangen.

Wir sollen die sieben geistlichen Werke der Barmherzigkeit wieder entdecken; Zweifelnden raten, Unwissende belehren, Sünder zurechtweisen, Betrübte trösten, Beleidigungen verzeihen, Lästige geduldig ertragen, für die Lebenden und Verstorbene beten (KKK 2447; Mt 25,31-46; Apostolische Pönitentiarie, Über die Gewährung eines Ablasses …, vom 13. Mai 2024).

5. Entscheidend für die Auswirkung des Ablasses ist die Gesinnung, mit der uns um den Ablass bemühen. Denn die Gnade des Ablasses, Nachlass der Sündenfolgen, kann nicht automatisch erlangt werden durch religiöse Übungen – ohne die Gesinnung der Umkehr. Dazu ein Beispiel: die Teilnahme an einer Erstkommunionfeier ist mit einem Ablass verbunden. Der Onkel, der bei der Erstkommunion seines Enkels präsent ist und ansonsten seit seiner Firmung in schwerer Sünde lebt, möge doch nicht dem Irrtum verfallen, einen Ablass erhalten zu haben. Ebenso die vielen Katholiken, die im doppelten Irrtum sind, vom Segen Urbi et Orbi nicht nur die Vergebung der Sünden zu erhalten, sondern auch noch einen Freifahrt-Schein in den Himmel zu bekommen.

Es braucht den Wunsch, von jeder Anhänglichkeit an die Sünde befreit werden zu wollen, es braucht die entschiedene Absage an jeder Anhänglichkeit an die Sünde.

Nur wenn wir den Wunsch haben, den Willen Gottes in unserem Leben zu erfüllen, nur dann kann unsere Seele die volle Heilung und Heiligung erlangen.

Wenn wir den Ablass häufig erlangen, dann verändert das unseren Charakter zum Guten und nach und nach die selbstsüchtigen Gewohnheiten abzulegen.

Alle Ablässe können wir auch den Verstorbenen zuwenden, die sich noch im Fegefeuer befinden. Sie könnten mit den folgenden oder ähnlichen Worten beten: „Lieber Gott, ich bitte dich, wende du den Ablass, den ich soeben erworben habe, dieser und jener Seele zu. Ich danke dir, dass du genau das tun wirst, was deiner Liebe und Weisheit am meisten entspricht.“

Welche Ablässe gibt es? Sehr viele:

tägliche Ablässe: Anbetung, Bibel, Kreuzweg, Rosenkranz… und die vielen Werke der 7 geistlichen und 7 leiblichen Barmherzigkeit, und das sind mehr als die 7 + 7.

Besondere Ablässe: Urbi et Orbi, Portiunkula, Allerseelen, Barmherzigkeitssonntag, bei Wallfahrten, im Heiligen Jahr, am Weltjugendtag, am Karfreitag, zur Erstkommunion, Primiz, Priesterjubiläum, und viele andere Anlässe und eben auch am Ende von Exerzitien, wie dies jetzt bei uns der Fall ist.

Wir sind in der Feier der heiligen Fünfzig Tage von Ostern bis Pfingsten. Pfingsten ist der 50. Ostertag. In der Ostervigil haben wir unser Tauf-Versprechen erneuert. An Pfingsten können wir den auferstandenen Herrn bitten, er möge in uns die Gnade der Firmung erneuern.

-        Sie verwurzelt uns tiefer in der Gotteskindschaft

-        Sie vereint uns fester mit Christus

-        Sie vermehrt in uns die Gaben des Heiligen Geistes

-        Sie verbindet uns vollkommener mit der Kirche

-        Sie schenkt uns eine besondere Kraft des Heiligen Geistes, um in Wort und Tat als wahre Zeugen Christi den Glauben auszubreiten und zu verteidigen, den Namen Christi tapfer zu bekennen und uns nie des Kreuzes zu schämen.

Das ist doch der Sinn von Exerzitien: dass wir bewusster aus der Gnade der Taufe und aus der Gnade der Firmung leben. Darum haben wir doch Exerzitien gemacht. Und dabei hilft uns die Kirche, wenn sie uns nun diesen Segen des barmherzigen Gottes spendet, der mit dem vollkommenen Ablass verbunden ist.


Donnerstag, 30. Januar 2025

"Die Beichte als Voraussetzung für die Erstkommunion gehört abgeschafft"


Das ist die Meinung von Frau Gabriele Höfling, Redakteurin bei katholisch.de (15.1.2025). Sie schreibt:

Die bisherige, im Kirchenrecht verankerte Praxis, den Erstkommunionempfang von 8- oder 9-Jährigen an die Bedingung der vorherigen Beichte zu knüpfen, ist hochproblematisch. Das zeigt eine ganze Reihe von Argumenten: Einerseits sind Kinder entwicklungspsychologisch laut Experten in diesem Alter noch gar nicht in der Lage, Konzepte wie Schuld und Sünde richtig zu begreifen.

Meine Frage: Sind denn die Kinder in diesem Alter fähig, das Mysterium der Eucharistie „richtig zu begreifen“? Meine Erfahrungen: Wenn ich die Kommunion austeile an Kinder in diesem Alter, dann habe ich den Eindruck, dass sie nicht wissen, was sie empfangen. Dabei bin ich mir nicht sicher, woran es liegt: an der mangelnden Intelligenz der Kinder? Oder gibt es noch einen anderen Grund? In den Gemeinden sind es meist die einsatzfreudigen sogenannten Kommunionmütter. Wer katechetisiert die Katecheten?

Da man aber landauf landab nicht daran denkt oder es nicht wagt, über den rechten Zeitpunkt der Erstkommunion nachzudenken, scheint man also der Meinung zu sein, die Kinder in diesem Alter seien zwar entwicklungspsychologisch nicht in der Lage, Konzept wie Schuld und Sünde richtig zu begreifen, aber sie seien dennoch in der Lage, das Konzept der Eucharistie zu begreifen. Denn da werden bis jetzt keine Bedenken geäußert. Warum eigentlich nicht?

Also: Wenn man den Kindern zutraut, das Mysterium der Eucharistie „richtig zu begreifen“ und sich dem entsprechend zu verhalten, und das sollte sich eigentlich zeigen in einem andächtigen und ehrfürchtigen Empfang des Leibes des Herrn, dann sind sie auch fähig, Wesen und Bedeutung des Sakramentes der Versöhnung „richtig zu begreifen“, vorausgesetzt, es wird ihnen von Katecheten recht vermittelt, die – im Ideal-Fall – selber eine ordentliche Beichtpraxis pflegen. Meine Erfahrungen beim Hören dieser Erstbeichten waren für mich erschreckend: weder ein (kindgemäßes) Sündenbewusstsein noch eine (kindgemäße) Sündenerkenntnis der Beichtenden! Ich fragte mich danach: wie und von wem sind diese Kinder nur vorbereitet worden?

Studien haben zudem belegt, dass die Beichte anfällig ist für die Anbahnung von Kindesmissbrauch.

Mein Zwischenruf: Um genau das zu verhindern, haben wir die gute alte Tradition von Beichtstühlen, die aber seit Jahren als Abstellkammern für Staubsauer und Putzmaterial missbraucht werden, wenn sie denn nicht schon entsorgt worden sind.

Zudem wirkt in einer Zeit, in der auch bei Erwachsenen die Beichtpraxis stark zurückgeht, ein Beichtzwang für Kinder grotesk.

Zwischenrufe: Sollte der Rückgang der Beichtpraxis bei Erwachsenen eine Handlungsorientierung für die nachwachsende Generation der Zukunft sein? Weil die Erwachsenen nicht beichten, deswegen sollen die Kinder nicht vernünftig zur Beichte geführt werden? Was ist das denn für eine Logik? Dabei ist doch eine kindgemäße Beichtkatechese und Beichtpastoral die Chance für die Zukunft, dieses wunderbare Sakrament allmählich wieder in die normale Pastoral einzuführen! Das pastorale Personal könnte doch mit Katechesen zum Sakrament der Beichte beginnen. Dazu muss man keine Klimmzüge machen. Das GOTTESLOB bietet ausgezeichnetes Material: 597 DIE (ERST-)BEICHTE VON KINDERN und 598 HILFEN ZUR GEWISSENSERFORSCHUNG FÜR KINDER. Die beste Voraussetzung dafür ist eine gute Beichtpraxis der Katecheten, welche die Kinder zur Beichte hinführen wollen. Die Verwirrung scheint nicht gering, selbst bei Priestern. Als ich in einer sakramentalen Beichte das Bekenntnis meiner Sünden abgelegt hatte, sagte mir der Beichtpriester, der es sicher nur gut meinte: „Aber Herr Pater, Sie müssen doch auch sehen, was Sie Gutes getan haben!“ Vielleicht dachte er, ich sei depressiv, und glaubte, mich trösten und mir einen guten Zuspruch geben zu müssen. Ich antwortete: „Ich dachte, in der Beichte solle ich alle meine Sünden und nur meine Sünden bekennen, und nicht meine guten Taten aufzählen.“ Danach fragte ich mich, was dieser Priester in seiner Pfarrei den Kindern zur Vorbereitung der Beichte erzählen wird, vielleicht in dem Stil: „Liebe Kinder, ihr könnt ganz beruhigt alle eure Probleme erzählen. Der Priester wird euch gut zuhören und ihr braucht keine Angst zu haben.“ Dann kann es passieren, dass die Kinder in der Beichte ihre Probleme mit den Eltern erzählen und von dem Stress, den sie mit ihnen haben, erzählen, aber nicht ihre Sünden bekennen.

Schließlich ist die Erstkommunionkatechese inzwischen für nicht wenige Familien der erste tiefere Berührungspunkt mit der Kirche. Dann gleich mit dem hochtheologischen Sakrament der Buße und Versöhnung zu kommen, kann leicht überfordern.

Zwischenrufe: Ist das Sakrament der Eucharistie weniger „hochtheologisch“? Wenn es aber ebenso hochtheologisch ist wie das Sakrament der Buße, dann ist es konsequent, auch für dieses Sakrament einen geeigneteren zeitlichen Ansatz zu finden. Aber diese Frage scheint nicht im Fokus zu stehen. Warum nicht? Vielleicht deswegen nicht, weil mit dieser Feier sentimentale, nostalgische, romantische Bedürfnisse befriedigt werden; oder gibt es einen „Gottesbedarf“? Ich bin mir nicht sicher, denn nach dem Weißen Sonntag ist kein Gottesbedarf mehr vorhanden.

Eine negative erste Beichterfahrung ist für den weiteren Zugang zur Beichte aber wohl eher abträglich. Das wäre tragisch, denn bei einem richtigen Verständnis kann das Sakrament tatsächlich eine positive, befreiende und stärkende Wirkung haben.

Richtig. Die Lösung ist eine adressaten-adäquate Beichtkatechese.

Ansätze, die bisherige Herangehensweise zu ändern, gab und gibt es schon: Die Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Erzbistum Freiburg etwa forderte 2024 eine Verlegung der ersten Beichte auf das Jugendalter.

Zwischenruf: Super! Dann doch bitte auch die Zulassung zum Empfang der Eucharistie. Aber jetzt mal ehrlich: ist denn das die Lösung? Eine „Verlegung der ersten Beichte auf das Jugendalter“ kann die Lösung sein, wenn die Vorbereitung auf die Beichte mystagogisch gestaltet wird. Und es bleibt die Frage nach dem rechten Zeitpunkt für die ersten Empfang der Eucharistie. Kann denn das so bleiben? Ist denn das alles so ok? Oder scheut man sich nur deswegen, dieser Frage nachzugehen, weil man jetzt schon den Aufschrei der (nicht praktizierenden) Eltern scheut?

Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil gab es laut der Theologin Birgit Jeggle-Merz bis in die 1970er-Jahre vorübergehend Ausnahmegenehmigungen, die die Beichte erst nach der Erstkommunion ermöglichten.

Zwischenfrage: Was ist der Vorteil? Und überhaupt: warum soll denn die Erstkommunion so früh erfolgen?

Jetzt gilt es, das Thema umfassend anzugehen.

Richtig, dann aber auch bitte wirklich umfassend, und nicht nur im Blick auf die Beichte. Und damit meine ich: den Weg der Initialisierung in die Christwerdung bei Beibehaltung der bei uns bis jetzt immer noch üblichen Kindertaufe.

Vielleicht könnte für Papst Franziskus ja das gerade begonnene Heilige Jahr der Versöhnung ein Anlass sein, das Kirchenrecht in Bezug auf die Kinderbeichte ändern.

Zwischenrufe: Das ist zu kurz gedacht. Es braucht mehr. Ganz besonders ein Überdenken der aktuellen Praxis der Spendung des Sakramentes der Firmung. Machen wir uns doch nichts vor: paradoxer oder perverser Weise: ausgerechnet das Sakrament der Mündigkeit ist zum großen Abschiedsfest von der Kirche geworden. Und alle spielen mit, besonders die Bischöfe.