Mit 25 Jahren ist Schwester Monika Amlinger Benediktinerin geworden. Schon damals verspürte sie den Wunsch, Priesterin sein. Doch das verdrängte sie erst. Heute hat sie die Gewissheit, dass Gott ihre Berufung will. Im Interview spricht die 41-Jährige promovierte Theologin über ihre Sehnsucht, geweiht zu werden und und warum es für sie anstrengend ist, sich berufen zu fühlen.
Frage: Schwester Monika, wozu fühlen Sie sich genau berufen?
Schwester Monika: Ich sehne mich sehr danach, in der katholischen Kirche Priesterin sein zu können. Ich habe einige Jahre in Gemeinden gearbeitet und bin im Moment Krankenhausseelsorgerin. Mein Beruf erfüllt mich, ich bin gern für die Menschen da. Aber ich sehne mich nach mehr. Ich möchte auch Eucharistie feiern können. Das wäre ein Herzenswunsch. Für mich öffnet sich in der Eucharistiefeier immer ein Stück weit der Himmel. Die Bitte, dass der Heilige Geist auf die Gaben herabkomme und sie verwandle, damit Jesus unter uns gegenwärtig sei, finde ich sehr berührend. Ich möchte das Hochgebet sprechen, insbesondere auch die Einsetzungsworte. Ich bin gern Seelsorgerin, aber ich will den Menschen die Nähe Gottes gern auch in den Sakramenten vermitteln können. Im Krankenhaus wäre mir da natürlich auch die Krankensalbung wichtig.
Frage: Seit wann verspüren Sie diese Berufung?
Schwester Monika: Während meines Theologiestudiums in München bin ich ins Kloster eingetreten und Benediktinerin geworden. Damals war ich 25 Jahre alt. Im Kloster war ich Sakristanin. Ich hatte während der Gottesdienste Aufgaben, die denen einer Ministrantin ähnlich waren. So brachte ich zum Beispiel die Hostien während der Messe zum Altar. Damals ist meine Liebe zur Eucharistie gewachsen. In dieser Zeit habe ich den Ruf Gottes verspürt, Priesterin zu sein. Aber ich habe diesen Wunsch zunächst weggeschoben und verdrängt.
Frage: Gab es einen Moment, wo Ihnen Ihre Berufung zur Priesterin klar wurde?
Schwester Monika: Ich war während meiner Zeit im Kloster auf einem Pilgerweg zu Fuß unterwegs. Mit einer Frau habe ich mich lange unterhalten. Sie war Theologin und erzählte mir, sie fühle sich schon lange zur Priesterin berufen. Das hatte ich noch nie von einer Frau so gehört. Damals habe ich das erste Mal ganz spontan gesagt, dass mich auch zur Priesterin berufen fühle. Ich war selbst von meinen Worten überrascht. Es war wie ein Geistesblitz, eine innere Klarheit. In der Zeit danach habe ich viel gebetet und mit Gott auch gerungen. Ich habe gefragt: "Gott, was bedeutet das? Warum gibst du mir eine solche Berufung ins Herz, eine tiefe Sehnsucht, wenn Frauen in deiner Kirche gar nicht Priesterinnen sein können? Was soll ich tun?"
Frage: Haben Sie eine Antwort bekommen?
Schwester Monika: Zunächst wusste ich über längere Zeit nicht, was ich nun tun soll. Bei den Menschen, mit denen ich darüber gesprochen habe, bin ich vor allem auf Hilflosigkeit und Schweigen gestoßen. Mittlerweile bin ich mit anderen berufenen Frauen verbunden und spüre, dass Gott mit mir und mit uns etwas vorhat. Außerdem gibt mir das Gebet viel Kraft und Freude. In meiner Wohnung habe ich einen kleinen Gebetsraum eingerichtet. Hier verbringe ich viel Zeit in der Stille. Ich spüre, dass Gott mich führt. Auch die Gespräche mit meinem geistlichen Begleiter, einem Jesuiten, helfen mir, die nächsten Schritte zu finden.
Frage: Wie prüft man, ob eine geistliche Berufung echt ist?
Schwester Monika: Letztlich wird man es schwer endgültig beweisen können, ob jemand berufen ist – Mann oder Frau. Aber es gibt doch bewährte Wege der Prüfung: persönlich für sich im Gebet und in geistlicher Begleitung, aber auch in der Außenwahrnehmung der Menschen, mit denen man lebt und für die man da ist. Eine Berufung spürt man innerlich deutlich. Immer wieder wurde mir von anderen Menschen zugesagt, dass ich eine gute Seelsorgerin sei. Manche sprechen mich auch als "Frau Pfarrerin" an oder sagen mir, dass ich eine gute Priesterin wäre. Ich denke mir, wenn die Rückmeldungen von außen mit dem, was man im Inneren verspürt, zusammen gehen, kann man mit einer guten Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass eine Berufung echt und von Gott gewollt ist. Letztlich sind es dann die Amtsträger in der Kirche, insbesondere die Bischöfe, die eine Berufung aufgrund der genannten Erfahrungen anerkennen. Das ist bei uns Frauen bisher nicht der Fall. Ich finde es manchmal sehr anstrengend, berufen zu sein.
Frage: Warum?
Schwester Monika: Es ist ein tiefer Schmerz für mich, zu wissen, dass ich meine Berufung zur Priesterin nicht im vollen Sinne leben darf. Ich werde von den verantwortlichen Männern in der Kirche von diesem Amt ausgeschlossen.
Frage: Sie haben Ihre Berufungsgeschichte in dem Buch von Schwester Philippa "Weil Gott es so will" aufgeschrieben…
Schwester Monika: Ja, 150 Frauen und auch einzelne nichtbinäre Personen aus Deutschland, der Schweiz und aus Österreich schreiben in diesem Buch über ihre Berufung. Sie wollen gern Diakonin oder Priesterin sein und viele würden sich gern weihen lassen. Auch wenn sie natürlich unter vielem leiden, was sich in der katholischen Kirche im Moment an systemischen und menschlichen Problemen massiv zeigt. Wir Autorinnen haben uns schon oft online und einmal in Präsenz getroffen und sind mittlerweile gut vernetzt. Es war befreiend zu hören, dass auch andere Frauen diese Berufung von Gott verspüren. Viele haben sich jahrelang geschämt, den Wunsch danach überhaupt zu denken oder auszusprechen. Sie dachten, sie bilden sich das alles nur ein oder sie seien allein damit. Es gibt kaum weibliche Vorbilder für uns Frauen, die uns auf unserem Weg bestärken oder ermutigen könnten. Manche von uns, die sich geäußert haben, wurden belächelt, ihnen wurden Hindernisse in den Weg gelegt oder sie wurden unter Druck gesetzt zu schweigen. Wir aus der "Vernetzung berufener Frauen*" wollen nicht mehr schweigen. Wir wollen mit anderen Frauen, Männern, Nichtbinären, mit Diakonen, Priestern, Bischöfen und vielleicht auch eines Tages mit dem dem Papst, über unsere Berufung und unsere Erfahrungen sprechen. Der Dialog wird elementar sein.
„Es gibt kaum weibliche Vorbilder für uns Frauen, die uns auf unserem Weg bestärken oder ermutigen könnten. Manche von uns, die sich geäußert haben, wurden belächelt, ihnen wurden Hindernisse in den Weg gelegt oder sie wurden unter Druck gesetzt zu schweigen. Wir aus der "Vernetzung berufener Frauen*" wollen nicht mehr schweigen.“
Frage: Papst Franziskus hat erst kürzlich sein Nein zur Priesterweihe für Frauen bekräftigt…
Schwester Monika: Das finde ich persönlich rückständig und es schmerzt. Es gibt berufene Frauen auf der ganzen Welt und nicht nur in Deutschland, in der Schweiz oder in Österreich. Auf der Amazonas-Synode haben einige Bischöfe gesagt: "Warum verweigern wir Männer diesen Frauen, die schon so viel für unsere Gemeinden machen, indem sie die Leitung übernehmen, taufen, beerdigen und bei der Ehe assistieren, noch immer die sakramentale Weihe?" Da ging es um die Diakoninnenweihe und das wäre der erste wichtige Schritt. Solche Sätze machen mich hoffnungsfroh. Es macht mich auch froh, dass manche deutsche Bischöfe ein ernsthaftes Interesse an uns berufenen Frauen haben. Auf dem Synodalen Weg wurde der Grundtext zum Thema "Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche" verabschiedet. Darin steht, dass es schon in früheren Zeiten Frauen gab, wie etwa Therese von Lisieux, die eine Berufung zur Priesterin in sich gespürt haben. Und dass weibliche Berufungen unbedingt auf dieselbe Weise geprüft werden sollten wie männliche. Es ist ein großer Schritt für die deutsche Kirche und für uns berufene Frauen, dass das in dem Text so drinsteht. Weil wir jetzt sagen können, wir Frauen haben viele Bischöfe hinter uns. Wichtig auch: Im weltweiten Synodalen Prozess wird deutlich, dass das Thema Frauenweihe in vielen Ländern virulent ist, nicht nur bei uns.
Frage: Was wünschen Sie sich für Ihre Berufung?
Schwester Monika: Ich würde gern geweiht werden, um den Menschen auch in den Sakramenten dienen und die Nähe Gottes vermitteln zu können. Ich weiß allerdings nicht, ob ich das noch erleben werde. Natürlich müsste sich das Priestertum nach dem heutigen Verständnis auch für die Frauen verändern, die nicht zölibatär leben wie ich, sondern eine Familie und Kinder haben oder die queer sind. Uns geht es auch um die Stärkung der diakonischen Dimension des Priestertums. Das heißt es geht um Wegbegleitung von Menschen, nicht nur um ein kurzfristiges sakramentales Handeln. Auf keinen Fall wollen wir einen Klerikalismus fortsetzen. Wir wollen die Sakramente feiern können, weil wir Frauen uns auch zu Priesterinnen berufen wissen. Weil wir spüren, dass Gott es so will!
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