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Meine Gedanken nach der Lektüre des Interviews
von Pater Dr. Willibrord Driever OSB, St. Ottilien -
Rom
1.
Ich erinnere mich an den
hilfreichen Unterricht in meinem Noviziat. Dort hörte ich von den zwei
Dimensionen der Berufung: die innere Berufung, der von Gott ausgehende Ruf wird
innerlich vernommen und zeigt sich in der rechten Neigung, angemessenen
Motivation; die äußere Berufung zeigt sich in der umfassenden Eignung der
Person und in der Annahme, Bestätigung durch die Kirche.
2.
Im Noviziats-Unterricht hörte ich
auch: Wenn Gott ruft, dann ruft er auch in konkrete Möglichkeiten der
Realisierung seines Rufes; andernfalls ist der Ruf falsch verstanden! Wow. Das
heißt negativ: Gott beruft nicht in die Unmöglichkeit; dann widerspräche er
sich. Das alles ist nachzulesen bei Raymond Hostie.
3.
Ich bin auch der Meinung, dass
viele Frauen gute Priesterinnen wären („das Zeug dazu haben“), so wie die
Priester das psychische, emotionale, charakterliche Potential haben sollten
(umfassende Reife), potentiell gute Gatten und Väter zu sein.
4.
Wenn mich unwissende Leute als
„Herr Pfarrer“ anreden, dann war es mir noch nie in den Sinn gekommen, darüber
nachzudenken, meine monastische Berufung aufzugeben und Pfarrer zu werden.
5.
Ist es für Frauen anstrengender,
berufen zu sein als für Männer? Da sehe ich keinen geschlechtsspezifischen
Unterschied. Es dürfte für Frauen wie für Männer gleicherweise anstrengend
sein, wenn sie sich auf eine „Berufung“ fixieren, die sich unter den gegebenen
Umstanden (sic rebus circumstantibus)
nicht realisieren lässt.
6.
Ich frage mich, wie diese im
Interview vorgetragenen Überlegungen und andere Überlegungen dieser Art in den
orthodoxen Kirchen wahrgenommen werden, die übrigens eine größere Sensibilität
für das eremitische und koinobitische Mönchtum bewahrt haben. Und wir:
verschwenden wir bei diesen Überlegungen überhaupt einen Gedanken an die
Ökumene mit den sakramentalen orthodoxen Kirchen, mit denen uns Lateiner mehr
verbindet als mit den protestantischen kirchlichen Gemeinschaften?
7.
Wieviel Segen würde für die
Kirche und die Welt freigesetzt, wenn alle Getauften nur und ganz ihre ihnen von Gott geschenkte Berufung erkennen,
annehmen und leben würden! Frei nach Ignatius von Loyola: Nur wenige Menschen
ahnen, was Gott aus ihnen machen würde, wenn sie sich nur ihm ganz überließen.
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