30. Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr A (25.10.2020) Heilig Geist München
Muß
man die Menschen meiden, um Gott zu finden?
Und
wenn man Gott gefunden hat: kann der dann sich den Menschen zuwenden, sich um
sie kümmern und mit ihnen und für sie arbeiten?
Oder
anders:
Sind
Liebe zu Gott und Liebe zu den Menschen kompatibel? Oder gegensätzlich?
Schließen sie einander aus, so dass man eine Wahl und Entscheidung treffen
müsste?
1. Den Menschen lieben, um Gott zu lieben
Jesus
hat diese Fragen beantwortet. Das erste Gebot: Gott lieben, das zweite Gebot:
die Menschen lieben.
Es
ist also ein Irrtum zu glauben, dass – wenn Gott für einen wichtig geworden ist
– man dann die Menschheit vernachlässigen müsse (Evangelium).
Im
Gegenteil: die wesentlichen Aussagen des AT und die Lehre Jesu bezeugen: die
Gottesbegegnung erneuert und vervollkommnet die Aufmerksamkeit und Fürsorge für
den Nächsten (Erste Lesung).
Vertiefung
des Evangeliums: es gibt die Gegensätze:
Die
Menschen lieben – ja, aber auch: sich vor der Welt hüten, sich trennen,
kritische Distanz (Johannes Evangelium, Römer 12,1.2), Vater und Mutter
verlassen… (Synoptiker)
Wenn
wir wählen müssen zwischen Gott und den Menschen: wie machen wir das?
Könnte
es nicht doch sein, dass die Liebe zu den Menschen manchmal die Liebe zu Gott
schmälern muss?
Wie
geht das zusammen?
Grundsätzlich:
die Heilige Schrift und die Tradition der Kirche haben niemals erlaubt, dass
der Christ sich weniger um die Menschen kümmert unter dem Vorwand, sich
ausschließlich um Gott zu kümmern.
Bibel
und Tradition haben immer betont: dass der Dienst am Menschen gerade die
Realisierung des Dienstes für Gott ist.
2. Theorie und Praxis
Es
geht um unser „inneres Leben“ und seine Kultivierung. Ein permanentes Anliegen,
so wie der Körper die Ruhe, Erholung, Entspannung braucht.
Das
innere Leben: ist kein Monolog, aber auch nicht ein bloßes Reden mit Gott.
Wenn
wir Gott im Gebet begegnen, wenn wir im Gebet Gott näher kommen, dann kommen
wir unvermeidlich auch den Menschen näher, die Gott geschaffen hat und die er retten
will.
3. Kontemplation und Aktion
Der
Christ darf und soll sich für reservierte Zeiten von den Menschen und den
Verpflichtungen zurückziehen, um exklusiv für den Herrn da zu sein.
Es
kann durchaus sein, dass wir eine Stunde in der Mediation oder in der Anbetung
sind, ohne dass uns ausdrücklich ein Gedanken an die Bedürfnisse der Menschen
bewegt.
Was
bedeutet das?
Unser
normales Leben ist gekennzeichnet durch Rhythmen, und das gilt auch für unser
Leben als Christen: Kontemplation – Aktion und von der Aktion zur
Kontemplation.
Wenn
wir uns mal für eine Zeit von den Menschen zurückziehen, dann ist das immer nur
provisorisch.
Wie
in unserem normalen Leben: Momente des Rückzugs und Momente der Aktivität.
Wir
leben das Geheimnis Jesu Christi in seiner ganzen Komplexität, in allen
Gliedern der Kirche und in allen Jahrhunderten.
Eine
Formel:
Der
Kontemplative dient den Menschen, indem der Gott dient.
Und
der aktive Mensch dient Gott, indem er den Menschen dient.
Beide
folgen Jesus nach, denn Jesus war kontemplativ und aktiv. und beide realisieren
das eine Mysterium: nämlich das, was Jesus gelebt hat: das inkarnierte Wort
Gottes.