Montag, 26. Oktober 2020

Predigt zum 30. Sonntag im JK, Lesejahr A

 30. Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr A (25.10.2020) Heilig Geist München

Muß man die Menschen meiden, um Gott zu finden?

Und wenn man Gott gefunden hat: kann der dann sich den Menschen zuwenden, sich um sie kümmern und mit ihnen und für sie arbeiten?

Oder anders:

Sind Liebe zu Gott und Liebe zu den Menschen kompatibel? Oder gegensätzlich? Schließen sie einander aus, so dass man eine Wahl und Entscheidung treffen müsste?

1.     Den Menschen lieben, um Gott zu lieben

Jesus hat diese Fragen beantwortet. Das erste Gebot: Gott lieben, das zweite Gebot: die Menschen lieben.

Es ist also ein Irrtum zu glauben, dass – wenn Gott für einen wichtig geworden ist – man dann die Menschheit vernachlässigen müsse (Evangelium).

Im Gegenteil: die wesentlichen Aussagen des AT und die Lehre Jesu bezeugen: die Gottesbegegnung erneuert und vervollkommnet die Aufmerksamkeit und Fürsorge für den Nächsten (Erste Lesung).

Vertiefung des Evangeliums: es gibt die Gegensätze:

Die Menschen lieben – ja, aber auch: sich vor der Welt hüten, sich trennen, kritische Distanz (Johannes Evangelium, Römer 12,1.2), Vater und Mutter verlassen… (Synoptiker)

Wenn wir wählen müssen zwischen Gott und den Menschen: wie machen wir das?

Könnte es nicht doch sein, dass die Liebe zu den Menschen manchmal die Liebe zu Gott schmälern muss?

Wie geht das zusammen?

Grundsätzlich: die Heilige Schrift und die Tradition der Kirche haben niemals erlaubt, dass der Christ sich weniger um die Menschen kümmert unter dem Vorwand, sich ausschließlich um Gott zu kümmern.

Bibel und Tradition haben immer betont: dass der Dienst am Menschen gerade die Realisierung des Dienstes für Gott ist.

2.     Theorie und Praxis

Es geht um unser „inneres Leben“ und seine Kultivierung. Ein permanentes Anliegen, so wie der Körper die Ruhe, Erholung, Entspannung braucht.

Das innere Leben: ist kein Monolog, aber auch nicht ein bloßes Reden mit Gott.

Wenn wir Gott im Gebet begegnen, wenn wir im Gebet Gott näher kommen, dann kommen wir unvermeidlich auch den Menschen näher, die Gott geschaffen hat und die er retten will.

3.     Kontemplation und Aktion

Der Christ darf und soll sich für reservierte Zeiten von den Menschen und den Verpflichtungen zurückziehen, um exklusiv für den Herrn da zu sein.

Es kann durchaus sein, dass wir eine Stunde in der Mediation oder in der Anbetung sind, ohne dass uns ausdrücklich ein Gedanken an die Bedürfnisse der Menschen bewegt.

Was bedeutet das?

Unser normales Leben ist gekennzeichnet durch Rhythmen, und das gilt auch für unser Leben als Christen: Kontemplation – Aktion und von der Aktion zur Kontemplation.

Wenn wir uns mal für eine Zeit von den Menschen zurückziehen, dann ist das immer nur provisorisch.

Wie in unserem normalen Leben: Momente des Rückzugs und Momente der Aktivität.

Wir leben das Geheimnis Jesu Christi in seiner ganzen Komplexität, in allen Gliedern der Kirche und in allen Jahrhunderten.

Eine Formel:

Der Kontemplative dient den Menschen, indem der Gott dient.

Und der aktive Mensch dient Gott, indem er den Menschen dient.

Beide folgen Jesus nach, denn Jesus war kontemplativ und aktiv. und beide realisieren das eine Mysterium: nämlich das, was Jesus gelebt hat: das inkarnierte Wort Gottes.

Dienstag, 20. Oktober 2020

Predigt zum 29. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr A

 

29. Sonntag im Jahreskreis (18.10.2020)

Vorabend: Heilig Geist, München

Sonntag: St. Martin, Illerberg

 

Erste Lesung

·        Jesaja schaut zurück auf die Geschichte und deutet sie.

·        Historisch: das Volk Israel befand sich in der babylonischen Gefangenschaft. Kyrus als  König der Perser, 557-529 vor Christus, erobert Babylon 538.

Folge: Das Volk Israel darf in seine Heimat zurückkehren.

·        Kyrus erhält alle Titel, die dem Volk Gottes und dem zukünftigen Messias zukommen: Gesalbter

·        Kyrus, heidnischer König,  macht Karriere: Gott fasst ihn bei der Hand usw.

·        Gott präsentiert ein Instrument, dessen er sich bedient, um ein außergewöhnliches Werk zu vollbringen.

·        Warum? Zwei Gründe

o   1. Um Israel willen, Ehrennahmen gegeben, ohne Gott zu kennen

o   2. Damit MAN erkennt: Jahwe – der einzige Gott (Exklusivismus (Erwählung) und Universalismus, „Katholizität“ Israels)

·        Ergebnis. Die Botschaft: Jahwe ist der einzige Gott. Er kann alle Instrumente wählen, um seinen Heilswillen durchzusetzen.

·        Sogar die Heiden, die nicht zum Volk Gottes gehören, können den Heilsplan Gottes realisieren und Gott bekanntmachen, ohne Gott und seine Absichten zu kennen.

 

Zweite Lesung

·        1 Thess – der älteste Brief im NT, 20 Jahre nach dem Tod Jesu.

·        Um 50 hatte Paulus die Gemeinde gegründet.

·        Paulus hört vom Wachstum der Gemeinde.

·        Er nennt sie „Kirche“ – und er erklärt, warum er sie „Kirche“ nennt.

·        Die Gemeinde in Thessalonich ist deswegen Kirche, weil die Einzelnen begriffen hatten, wie Gott und der Heilige Geist handeln:

o   Der Vater liebt und erwählt (V. 4)

o   Der Heilige Geist wirkt mit Macht in der Verkündigung des Evangeliums (V. 5)

·        Vater-Gott und der Heilige Geist haben in ihrem Handeln (V. 5) eine zustimmende Antwort gefunden bei den Einzelnen,

·        Und die Einzelnen haben sich im Vater und im Heiligen Geist verbunden (V. 1).

·        Diese Realität ist nicht etwas Verborgenes,

sondern sie wird anschaubar und ansichtig in:

o   Tätiger Glaube

o   Opferbereite Liebe

o   Hoffnung auf das Kommen des Herrn. Advent

·        Die drei theologischen Tugenden, heiligmachende Gnade, Taufgnade.

·        Drei Kennzeichen dafür, dass der Geist des Herrn am Werk ist.

 

Evangelium

·        Wenn wir Jesus eine Frage stellen, dann riskieren wir, mehr zu erfahren, als wir wissen wollen.

·        Damals lautete die Frage: Ist es uns Juden erlaubt, dem heidnischen Kaiser Kopf-Steuern zu zahlen in einem Land, das Gott gehört?

·        Wenn Jesus die Frage bejaht, dann könnte er als Kollaborateur mit der römischen Besatzungsmacht erscheinen.

·        Wenn Jesus die Frage verneint, dann könnte er als Rebell gegen die römische Besatzungsmacht erscheinen.

·        In beiden Fällen würde Jesus in Gefahr geraten. (Das ist die politische Lesart)

·        (Katechetische, christologische Lesart): Im Grunde zeigt sich hier ein Problem der frühen Kirche. Nämlich die Frage: Gibt es eine Handlungsanweisung für den Christen, der unter den heidnischen Bedingungen seiner Umwelt arbeitet?

Diese Frage war aktuell schon in der frühen Kirche – wie heute. (Leben wir in heidnischer oder christlicher Umwelt? Noch christliches Abendland?)

·        Jesus antwortet mit einer Aufforderung. Gebt dem Kaiser, gebt Gott…

·        Das sind zwei gleichklingende Forderungen, die aber sehr verschieden sind.

·        Denn: was gehört denn dem Kaiser? Nichts! Nicht der Kaiser ist wichtig.

·        Und was gehört Gott? Alles! Es geht um den Anspruch Gottes!

·        Was können wir Gott geben? Nicht dies und das! Wir können ihm nur alles geben. Und was ist das alles? Letztlich sind wir!

·        Zurück zur Frage: Gibt es eine Handlungsanweisung für uns Christen in einer heidnischen Umwelt?

·        Vom Evangeliums kommt die Antwort:

o   1. wir haben es nicht nötig, uns aus der Welt zurückzuziehen.

o   2. Wir sollen die heidnische Umwelt von innen her transformieren.

·        Und wie geht das? Dem Kaiser geben, Gott geben…

·        Gott kann man nicht dies oder das oder etwas geben. Gott kann man nur das geben, was ihm gehört. Wir gehören ihm, und das ist unsere Identität.

Also müssen wir unsere Identität realisieren und uns IHM schenken.

·        Dazu vier Hinweise:

o   1. Paulus, Römerbrief 12,1: Ich ermahne euch, meine Brüder, kraft der Barmherzigkeit Gottes, eure Leiber als lebendiges, heiliges und Gott wohlgefälliges Opfer darzubringen - als euren geistigen Gottesdienst.

o   2. Im Eucharistischen Hochgebet (nach der Wandlung): Er mache uns auf immer zu einer Gabe, die dir wohlgefällt.

o   3. Gabengebet Kirchweihe: Nimm die Gaben an, … und mach auch uns selbst zu einer Gabe, die dir wohlgefällt.

o   4. Das Gebet von Charles de Foucauld: Mein Vater, ich überlasse mich dir, mach mit mir, was dir gefällt. Was du auch tun magst, ich danke dir. Zu allem bin ich bereit, alles nehme ich an. GL 8.7

·        Das meint Jesus, wenn er sagt: Gebt Gott, was Gott gehört.