27. Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr A (8. Oktober
2017)
Konventamt in St. Ottilien
Zur Ersten Lesung: Jesaja
5,1-7
Ein Lied mit vier
Strophen:
1. Strophe: Weinberg, Besitzer – Arbeiter,
kultiviert, hofft auf Ertrag von Süßen Trauben, aber enttäuschendes Ergebnis
von sauren Beeren
2.
Bürger Jerusalems werden angesprochen,
sollen urteilen über die aufgewandte Mühe, Hoffnung auf Ertrag und
enttäuschendes Ergebnis
3.
Strophe: Entscheidung des Besitzers:
Hecken, Mauern, Ödland, Dornen und Disteln
4.
Strophe: Auflösung der Parabel,
Identifizierung der Protagonisten:
Weinberg
= Haus Israel, Volk Israel
Reben
= Einwohner von Jerusalem
Besitzer
= Gott
So wie Besitzer sich um
Weinberg bemüht hat, so hat Gott sich um Israel bemüht.
So wie der Weinberg
enttäuschende Ergebnisse gebracht hat, so hat Israel Gott enttäuscht:
Rechtsspruch – Rechtsbruch; Gerechtigkeit – doch der Rechtlose schreit.
Nun können wir uns ja
beruhigt und entspannt zurücklehnen. Denn das alles galt ja Israel und das ist
auch schon einige hundert Jahre her. Was hat das mit uns zu tun!
Aber so einfach ist das nicht:
1.
Weinberg Israel = Vorbild, Vorausbild
der Kirche, für ihre Lebendigkeit und Wirksamkeit, Sendung in die Welt.
2.
Kirche = immer und nur ihre Mitglieder,
die Getauften, also wir.
3.
Gott wirkt immer, wie damals an und in
Israel, so auch heute an und in der Kirche und in und an den Gläubigen.
Damit sind wir beim
Evangelium: auch das ist die Rede von einem Weinberg und seinem Besitzer und
dessen Mühe. Aber auch von Mord und Totschlag und davon, dass der Besitz
genommen und anderen gegeben wird.
Jesus erzählte den
Hohenpriestern und Ältesten des Volkes (religiösen, moralischen Autoritäten)
die Parabel vom Weinberg.
Sie sprechen ein vernichtendes
Urteil über die Pächter des Weinbergs und merken nicht, dass sie mit diesen
Pächtern gemeint sind. Sie sprechen das Urteil über sich selbst.
Der Sohn des Besitzers,
getötet außerhalb des Weinbergs, ist ein Bild für Christus, Sohn des Vaters,
gekreuzigt außerhalb der Stadt. Er ist zum Eckstein geworden.
Das ursprünglich
auserwählte Volk hat Jesus als Messias verworfen.
Darum wurde der
Weinberg, das Reich Gottes, Israel genommen. Und einem anderen Volk, dem neuen
Volk Gottes, der Kirche, gegeben. Das ist die Aussage des Mt-Evangeliums. Von
dem neuen Volk heißt es: „das die erwarteten Früchte bringt“. Originalton
Jesus.
Bringt die Kirche diese
Früchte?
Der Prediger des
vergangenen Sonntages (Erntedank) hat von hier aus die Frage gestellt: Was
werden die Menschen in 300 Jahren über uns sagen?
Man kann auch fragen:
Wird es zwar gut verwaltete, aber geistlich unfruchtbare, leblose christliche Diaspora-Gemeinden
ohne Bedeutung in Europa geben? Oder wird es sie überhaupt noch geben?
Oder wird es lebendige,
missionarische und attraktive Gemeinden geben?
Sicher: die Kirche als
Mysterium des Heiles, die Kirche als Sakrament kann nicht untergehen, die
Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen.
Aber es bleibt die
Frage nach der Lebendigkeit der Kirche und der Gemeinden. Und die Gemeinden
sind ja nur so lebendig, wie ihre Mitglieder lebendig sind.
Also ist es die Frage
nach unserer, nach meiner Lebendigkeit.
Wie lebe ich das
Potential der Taufe, das Gott mir geschenkt hat?
Lebe ich aus Glaube,
Hoffnung und Liebe? Lebe und gestalte ich mein christliches Leben aus der Kraft
dieser drei Tugenden?
Habe ich meine Berufung
entdeckt? Kenne ich sie? Habe ich sie angenommen? Lebe ich die Werte des
Evangeliums und meine mir von Gott anvertrauten Gaben?
Eines ist sicher: ich
bin verantwortlich für das, was Gott mir anvertraut hat. Und er wird von mir
Rechenschaft fordern.
Und da sind wir bei der
Zweiten Lesung von heute.
Vielleicht reicht es
für jetzt, einen Gedanken
herauszugreifen und zu unterstreichen: Der Rat oder die Empfehlung des Paulus:
Bringt in jeder Lage betend und
flehend eure Bitten mit Dank vor Gott.
Wir haben viele
Anliegen und Sorgen. Alles dürfen wir zu Gott bringen, aber das Besondere ist
es: mit Dank zu Gott zu bringen. In jeder Lage.
Paulus schreibt diesen
Brief (zweite Lesung Phil 4,6-9) in Ephesus, im Jahre 55, im Gefängnis.
Er muß es ja wissen, und er gibt den Rat: Bringt in jeder Lage betend und
flehend eure Bitten mit Dank vor Gott.
Das ist das Besondere,
das Paradoxe, der Durchblick und der Tiefenblick des Glaubens, der Hoffnung und
der Liebe: alles mit Dank vor Gott.
Auch wenn es nach
unseren beschränkten, bürgerlichen Maßstäben nichts zu danken gibt.
Das ist menschlich
gesehen: unsinnig, aber in der Perspektive des Glaubens, des Hoffens und des
Liebens: ist es etwas Göttliches.
Wenn wir das tun, dann
verändern sich die Perspektiven. Versuchen Sie es!
Darum brauchen wir auch
die Gemeinschaft der Glaubenden, wir haben es nötig, unseren Glauben nähren zu
lassen, durch die Verkündigung des Wortes Gottes, z. B. in der sonntäglichen
Eucharistiefeier, und wir brauchen die Stärkung durch den Empfang der
Eucharistie. Darum feiern wir den Sonntag.
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