Dienstag, 27. Mai 2025

Ablass - Segen - Exerzitien

Eine (als Zoom registrierte) Katechese über den Ablass und über den sogenannten Päpstlichen Segen zum Abschluß von Exerzitien, hier zum Abschluss der 30wöchigen Exerzitien bei Injigo am Montag, 19. Mai 2025.

Pater Dr. Willibrord Driever OSB, Rom – St. Ottilien

 

Liebe Freunde,

am Ende von Exerzitien gewährt die Kirche den Ablass.

Was ist der Ablass nicht?

Er ist nicht die Vergebung der Sünden.

Was ist dann der Ablass?

Um den Ablass zu verstehen, muss man unterscheiden zwischen einer Tat und den Folgen der Tat, den Konsequenzen.

So auch bei der Sünde,

da ist die Sünde als eine Tat und da sind die Folgen der Sünden, die Konsequenzen, z. B. die schlechten Gewohnheiten. Das sind die sogenannten Sündenstrafen. Dieser Begriff ist problematisch; denn bei „Strafen“ denken wir an Bestrafungen, die wir als Kinder erhielten, wenn wir etwas Unrechtes getan hatten. Und das tut Gott ja gerade nicht, er legt uns keine Bestrafungen auf, sondern hier sind es einfach die natürlichen Folgen der Taten, die wir begangen haben.

Die Sünden werden in der Beichte vergeben von Gott aufgrund unserer Reue.

Was bleibt, das sind die Folgen der Sünden, die schlechten Gewohnheiten, die wir uns durch fortgesetzte Handlungen angeeignet haben. Diese Folgen müssen abgearbeitet werden. Und das ist nicht einfach.

Wie geschieht das Abarbeiten?

Indem wir die den Lastern entgegengesetzten Tugenden einüben. Dabei helfen uns die guten Werke, die Werke der Nächstenliebe, die ehrlich gemeinten Gebete, die von Herzen kommen, auch das geduldige Annehmen von Kreuz und Leid und das geduldige Ertragen von Leiden und Prüfungen aller Art. Das ist also ein Prozess der Reinigung.

Wo geschieht das?

Das geschieht zunächst mal hier auf Erden. Und wenn wir Zeit unseres Lebens damit nicht fertig geworden sind, dann geht dieser Prozess weiter – im Fegefeuer, in diesem Zustand der Reinigung.

Übrigens: auch das Fegefeuer ist kein Ort der Bestrafung, so eine kleine Mini-Hölle; sondern ein Ort der Reinigung. Die Seele auf dem Weg in den Himmel stürzt sich in diese Reinigung, um so fähig zu werden, in die Herrlichkeit eingehen zu können.

Und da kommt uns die Kirche entgegen und hilft uns.

Sie hilft uns dabei, unsere schlechten Neigungen zu überwinden.

Sie sagt: Wenn du bestimmte Bedingungen erfüllst, dann schenke ich dir den Nachlass der Sündenstrafen, der Sündenfolgen.

Wie kann das die Kirche tun?

Indem die Kirche aus dem Gnadenschatz schöpft.

Was ist das denn: der Gnadenschatz?

Das sind nicht die Kunstschätze in den vatikanischen Museen.

Der Gnadenschatz besteht in dem unendlichen und unerschöpflichen Wert, den bei Gott die Sühneleistungen und Verdienste Jesu Christi haben, die dargebracht wurden, damit die gesamt Menschheit von der Sünde frei werde und zur Gemeinschaft mit dem Vater gelange. Der Gnadenschatz ist Christus selber.

Außerdem gehört dazu auch der stets neue Wert, den die Gebete und guten Werker der Gottesmutter und aller Heiligen besitzen. Sie dem Herrn gefolgt, haben sich geheiligt. So haben sie ihr eigenes Heil gewirkt und dadurch auch zum Heil ihrer Brüder in der Einheit des mystischen Leibes beigetragen (KKK 1474-1477).

Und warum kann die Kirche aus dem Gnadenschatz schöpfen?

Sie kann daraus schöpfen aufgrund ihrer Gewalt zu binden und zu lösen; der Stifter Kirche, Jesus Christus, hat Petrus und damit der Kirche diese Vollmacht anvertraut.

Und was sind die Bedingungen, die wir dabei erfüllen müssen?

Zunächst: dabei geht es nicht nur um die äußeren Bedingungen, sondern ganz besonders um unsere geistliche Haltung, die damit verbunden sein sollte; wenn diese innere Gesinnung fehlen würde, dann würden wir in den Aberglauben und in magisches Denken verfallen.

Also hier jetzt die vier Bedingungen und die damit verbundenen inneren Haltungen:

Innere Haltung

Kommt zum Ausdruck in:

Die Erkenntnis meiner Sünden und die reuige Umkehr zum himmlischen Vater

1.  1. In der heiligen Beichte, 8 Tage vorher oder nachher

Mein Wunsch, mich liebend mit dem Herrn zu verbinden und ihn als die Fülle der Gnaden zu empfangen, mich stärken zu lassen auf meinem geistlichen Weg in der Nachfolge Christi

2. 2. In der  andächtigen und würdigen Mitfeier der heiligen Messe und im Empfang der Heiligen Eucharistie

Durch jede Sünde habe ich mich mehr oder weniger von der Gemeinschaft der Kirche getrennt, auch wenn mir das in diesen Dimensionen nicht bewusst war und ich es so nicht gewollt habe. Aber es ist geschehen. Darum braucht es nach meiner Trennung von der Gemeinschaft der Kirche auch wieder meine Rückkehr in diese Gemeinschaft.

3.   3. In den vorgeschriebenen Gebeten in der „Meinung des Heiligen Vaters“, meist das Vaterunser, Ave, Glaubensbekenntnis. Dabei geht es nicht um die privaten Meinungen und Ideen des jeweiligen Papstes, sondern um die Anliegen der Kirche.

 

4.   4. Das Ablass-Werk, und das können sehr viele Werke sein, von denen das eine oder andere ausgewählt werden kann. Nach dem Doppelgebot der Gottesliebe und der Nächstenliebe können wir diese Werke einteilen in:

a) Gebete und Andachten: z. B. halbe Stunde Anbetung, Bibel, Rosenkranz, Kreuzweg, Litaneien.

b) Besonders Werke der Nächstenliebe, die sieben leiblichen Werke der Barmherzigkeit: Hungrige speisen, Durstige tränken, Nackte bekleiden, Fremde beherbergen, Kranke pflegen, Gefangene besuchen, Tote begraben) nach dem Matthäus-Evangelium. Alte Menschen, Behinderte besuchen: wenn wir das tun mit den üblichen geistlichen und sakramentalen und betenden Bedingungen tun, dann können wir bei jedem Besuch täglich einen vollkommenen Ablass erlangen.

Wir sollen die sieben geistlichen Werke der Barmherzigkeit wieder entdecken; Zweifelnden raten, Unwissende belehren, Sünder zurechtweisen, Betrübte trösten, Beleidigungen verzeihen, Lästige geduldig ertragen, für die Lebenden und Verstorbene beten (KKK 2447; Mt 25,31-46; Apostolische Pönitentiarie, Über die Gewährung eines Ablasses …, vom 13. Mai 2024).

5. Entscheidend für die Auswirkung des Ablasses ist die Gesinnung, mit der uns um den Ablass bemühen. Denn die Gnade des Ablasses, Nachlass der Sündenfolgen, kann nicht automatisch erlangt werden durch religiöse Übungen – ohne die Gesinnung der Umkehr. Dazu ein Beispiel: die Teilnahme an einer Erstkommunionfeier ist mit einem Ablass verbunden. Der Onkel, der bei der Erstkommunion seines Enkels präsent ist und ansonsten seit seiner Firmung in schwerer Sünde lebt, möge doch nicht dem Irrtum verfallen, einen Ablass erhalten zu haben. Ebenso die vielen Katholiken, die im doppelten Irrtum sind, vom Segen Urbi et Orbi nicht nur die Vergebung der Sünden zu erhalten, sondern auch noch einen Freifahrt-Schein in den Himmel zu bekommen.

Es braucht den Wunsch, von jeder Anhänglichkeit an die Sünde befreit werden zu wollen, es braucht die entschiedene Absage an jeder Anhänglichkeit an die Sünde.

Nur wenn wir den Wunsch haben, den Willen Gottes in unserem Leben zu erfüllen, nur dann kann unsere Seele die volle Heilung und Heiligung erlangen.

Wenn wir den Ablass häufig erlangen, dann verändert das unseren Charakter zum Guten und nach und nach die selbstsüchtigen Gewohnheiten abzulegen.

Alle Ablässe können wir auch den Verstorbenen zuwenden, die sich noch im Fegefeuer befinden. Sie könnten mit den folgenden oder ähnlichen Worten beten: „Lieber Gott, ich bitte dich, wende du den Ablass, den ich soeben erworben habe, dieser und jener Seele zu. Ich danke dir, dass du genau das tun wirst, was deiner Liebe und Weisheit am meisten entspricht.“

Welche Ablässe gibt es? Sehr viele:

tägliche Ablässe: Anbetung, Bibel, Kreuzweg, Rosenkranz… und die vielen Werke der 7 geistlichen und 7 leiblichen Barmherzigkeit, und das sind mehr als die 7 + 7.

Besondere Ablässe: Urbi et Orbi, Portiunkula, Allerseelen, Barmherzigkeitssonntag, bei Wallfahrten, im Heiligen Jahr, am Weltjugendtag, am Karfreitag, zur Erstkommunion, Primiz, Priesterjubiläum, und viele andere Anlässe und eben auch am Ende von Exerzitien, wie dies jetzt bei uns der Fall ist.

Wir sind in der Feier der heiligen Fünfzig Tage von Ostern bis Pfingsten. Pfingsten ist der 50. Ostertag. In der Ostervigil haben wir unser Tauf-Versprechen erneuert. An Pfingsten können wir den auferstandenen Herrn bitten, er möge in uns die Gnade der Firmung erneuern.

-        Sie verwurzelt uns tiefer in der Gotteskindschaft

-        Sie vereint uns fester mit Christus

-        Sie vermehrt in uns die Gaben des Heiligen Geistes

-        Sie verbindet uns vollkommener mit der Kirche

-        Sie schenkt uns eine besondere Kraft des Heiligen Geistes, um in Wort und Tat als wahre Zeugen Christi den Glauben auszubreiten und zu verteidigen, den Namen Christi tapfer zu bekennen und uns nie des Kreuzes zu schämen.

Das ist doch der Sinn von Exerzitien: dass wir bewusster aus der Gnade der Taufe und aus der Gnade der Firmung leben. Darum haben wir doch Exerzitien gemacht. Und dabei hilft uns die Kirche, wenn sie uns nun diesen Segen des barmherzigen Gottes spendet, der mit dem vollkommenen Ablass verbunden ist.