Mittwoch, 11. September 2024

Wegen Frauenfeindlichkeit: Theologin fordert veränderte Leseordnung

Wegen Frauenfeindlichkeit: Theologin fordert veränderte Leseordnung

katholisch.de veröffentlicht am 23.08.2024 

Die Aachener Pastoralreferentin und Frauenseelsorgerin Annette Jantzen hatte sich zu der Zweiten Lesung am 21. Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr B – (Epheser-Brief) geäußert, in welcher die Frauen aufgefordert werden, sich ihren Männern unterzuordnen. „Dieser Abschnitt aus dem Brief an die Gemeinde in Ephesus, geschrieben zu einer Zeit, in der die patriarchale Gesellschaftsordnung schon tief in die Gemeinde eingedrungen war, eignet sich nicht mehr als Schriftlesung im Gottesdienst“ schreibt Jantzen in einem Beitrag Ihres Blogs „Gotteswort weiblich“ auf der Internetseite des Bistums Aachen. Und der „angemessene Umgang mit diesem Text wäre, ihn nicht mehr vorzutragen“, so die Theologin. Dieser Briefabschnitt sei aus der Perspektive der Geschlechtergerechtigkeit ein Terror-Text, weil er Unterdrückung und Zweitrangigkeit ungebrochen sakralisiere und und nahelege, diese zu verinnerlichen. So das Statement von Jantzen. Okey, schauen wir mal hin.

Bei Hochzeiten predige ich gerne über diesen Text, und in Exerzitien erkläre ich gerne den Teilnehmern, nicht weil er so frauenfeindlich wäre, wie Frau Jantzen meint, sondern weil ich den Befehl des Paulus an die Männer so cool finde, den Frau Jantzen nicht zitiert.

Also, was sagt Paulus den Männern (Vers 5)? „Ihr Männer, liebt eure Frauen!“ Jetzt könnte man fragen: „Ok, Paulus, aber wie sollen wir unsere Frauen lieben?“ Und Paulus antwortet: „Liebt eure Frauen, wie Christus die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat!“ Die todes-bereite Liebe Jesu und seine Selbsthingabe bis zum letzten Tropfen seines Blutes – das ist das Vorbild und der Maß-Stab für die Liebe der Männer zu ihren Frauen. Und damit wir uns richtig verstehen: Das ist keine pastorale Empfehlung, sondern ein Befehl. Was ist das für eine Liebe, mit der die Männer ihre Frauen lieben sollen? Das ist ja eine Liebe, die bereit ist, wie Christus, für die Frau in den Tod zu gehen, es ist eine todes-bereite Liebe. Also mit einer solchen todes-bereiten Liebe sollen die Männer ihre Frauen lieben. Und wenn die Männer das tun und das auch so von ihren Frauen erlebt und erfahren wird, dann kommen die Frauen zu der Erkenntnis und zu der Entscheidung: Mensch, von diesem Mann habe ich nichts zu befürchten. Dieser Mann ist kein Macho, kein Tyrann, der mich unterdrückt, misshandelt, ausnutzt. Dieser Mann beschützt mich. Diesem Mann kann ich mich gerne unterordnen, bei dem bin ich gesichert und geschützt vor Ausbeutung.

Paulus sorgt für den Schutz der Frauen in der Gemeinde von Ephesus, wo die Männer noch nicht so recht begriffen hatten, wie christliche Ehe von Gott gedacht ist.

Mir ist nicht bekannt, dass in einer patriarchalen Gesellschaftsordnung von den Männern (Patriarchen) eine solch qualifizierte Liebe gefordert wurde.

Zwei Fragen: Wo ist denn da Frauenfeindlichkeit? Könnte es nicht auch so sein, dass wir unsere aktuelle kirchliche Situation in diesen Text projizieren?

Eine weitere Frage: Wen trifft denn nun die größere Herausforderung durch Epheser 5: die Frauen, die sich ihrem Beschützer anvertrauen, oder die Beschützer, von denen eine todes-bereite Liebe verlangt wird?

Epheser 5 ist der Plan Gottes für die christliche Ehe, aber die Theologin Frau Jantzen ist der Meinung, der angemessene Umgang mit diesem Text bestehe darin, ihn nicht vorzulesen, ablegen, weglegen. Was wird dadurch gewonnen? Die Männer werden nicht mehr zu dieser Liebe herausgefordert.

Dabei wäre doch dieser Text eine super Herausforderung für die zuhörenden Männer und für eine super Predigt! Also: es braucht eine richtige Auslegung, Exegese; kein schlichtes Ablegen und Weglegen.

Frau Jantzen möchte die Frauen vor dem Hören des Textes schützen, damit sie nicht an die erlittene körperliche, verbale, sexuelle psychische oder finanzielle Gewalt denken müssen. Das ist sicher gut gemeint. Darf ich bitte einen anderen Aspekt daneben stellen? Ich jedenfalls verlange nicht von meiner Umwelt, dass sie sich so verhalte, damit ich nicht an meine Verletzungen erinnert werde. Wenn ich mich vor der Erinnerung schützen muss, dann habe ich noch was aufzuarbeiten. Heilung der negativen Erfahrungen und Erinnerungen geschieht nicht durch Abschottung.