Predigt am 2. Sonntag der Fastenzeit B (2021-02-28)
in der Klosterkirche von St. Ottilien
Liebe Brüder und Schwestern,
Dies ist mein geliebter Sohn, auf ihn sollt ihr
hören.
Der himmlische Väter bestätigt seine Worte bei der
Taufe Jesu.
Die Verklärung: macht deutlich, was hinter dem
normalen äußeren Erscheinungsbild Jesu steht: seine Identität, das, was er sein
wird, wenn der Vater ihn in seine Herrlichkeit erhöht und aufnimmt.
Mein geliebter Sohn, und es ist auch der einzige Sohn.
Hinter diesen Worten verbirgt sich das
Drama des Opfers und des Karfreitags.
Der himmlische Vater schützt und bewahrt seinen
vielgeliebten, einzigen Sohn nicht vor der Katastrophe.
Die Verklärung, die endgültige Glorie hat eine beunruhigende
Voraussetzung:
Die Liebe des Vaters schließt diese schreckliche
Konsequenz in sich.
Unbegreiflich für die Apostel, sie befürchten das
Ende ihrer Hoffnungen auf eine Erneuerung des politischen Systems.
Und wie war das mit Abraham?
·
Er war schon 75 Jahre alt, als er endlich
seiner Berufung folgt und er sich von seiner Vergangenheit löste: Zieh fort aus
deinem Land, Sippe, Vaterhaus.
·
Einige Zeit später erhielt er die Verheißung,
Stamm-Vater eines großen Volkes zu werden.
·
Er war schon alt, seine Frau Sara war
alt. Die biologische Fruchtbarkeit war
physiologisch unmöglich.
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Und doch: Sara gebiert den Isaak. Endlich
beginnt Gott, seine Verheißung wahr zu machen.
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Und nun die Aufforderung an Abraham, den
Isaak zu opfern! Das ist die Frage: Abraham, bist du bereit, mir zu vertrauen
und Isaak, den Garanten der Erfüllung der Verheißung an mich zurückzugeben und
es mir zu überlassen, wie ich dennoch meine Verheißung erfüllen werde?
·
Und Abraham war bereit, bis zum letzten Augenblick.
Abraham sah sich vor einer doppelten Herausforderung:
er musste sich von seiner Vergangenheit
lösen, und jetzt soll er auch seiner Zukunft entsagen.
Und das soll Gott sein?
1. So manches Mal sehen wir uns vor schrecklichen
Herausforderungen: persönlich und global. Tod eines lieben Menschen, der Tod
vieler unschuldiger Menschen bei Katastrophen.
Und dann kommen die Fragen: Warum? Gott, wo bist du?
Warum lässt Gott das zu?
Der Ungläubige antwortet: Schicksal. Tragik.
Und der gläubige Mensch? Auch für den gläubigen
Menschen kann erst mal alles zusammenbrechen. Gott wird dann als weit weg
erlebt.
2. Die Liturgie des 2. Sonntages der Fastenzeit gibt
uns eine Antwort, ohne auch nur das Geringste von der Problematik des Lebens
aufzulösen.
Die Volksweisheit hat da einen Spruch: „Und wenn du
meinst, es geht nicht mehr, / kommt von irgendwo ein Lichtlein her“. Das ist ja
schon mal etwas.
Aber der Glaube hat noch mehr zu sagen und zu
bieten.
Der Glaubende weiß mit seiner Glaubens-Sicherheit:
es gibt eine geheimnisvolle Liebe, welche die Geschichte lenkt – auch wenn die
äußeren Ereignisse vom Gegenteil sprechen.
Nur wir in unserer geistlichen Kurzsichtigkeit: wir
können die Pläne des Heils in der Geschichte nicht erkennen.
Gott (in seinem Plan und in seinem Handeln)
übersteigt unsere natürliche Erkenntniskraft. Darum: Wir können Gott bitten: Reinige
die Augen unseres Geistes, damit wir fähig werden, die Herrlichkeit zu
erkennen.
Nur der
Glaube und das Glauben geben uns im Dunkel
des Glaubens ein Licht zum Verständnis und zu einem Tiefenblick, zum
Durchblick, mindestens zu einem Erahnen der Absichten Gottes mit der Welt, mit
der Geschichte und mit meinem Leben.
Im Licht der Verklärung gibt Gott seine Antwort: das
Kreuz Jesu (und wir können sagen: auch die Kreuze unseres Lebens), die
leidvollen Situationen sind eine Durchgangs-Phase in einem Projekt, das auf
Herrlichkeit hingeordnet ist und darin zur Vollendung kommt.
Reinige die Augen unseres Geistes, damit wir fähig
werden, deine Herrlichkeit zu erkennen.
Präfation: „Jesus hat den Jüngern seinen Tod
vorausgesagt und ihnen auf dem heiligen Berg seine Herrlichkeit kundgetan. In
seiner Verklärung erkennen wir: dass wir durch das Leiden mit Christus zur
Auferstehung gelangen.“
Abraham als Vater wurde von unmenschlichem Leid
zerrissen.
Nach dieser Phase, entdeckte er den Gott des Lebens
und der Verheißung, der einen neuen Bund mit ihm schließt und der ihn für eine
gesegnete Zukunft öffnet.
Abraham ist nicht nur ein Vorbild für die Glaubenden,
sondern auch der Vater der Glaubenden. In der Glaubensprüfung hat er
ausgehalten:
Abraham hat gegen allen Anschein geglaubt: Gott ist
treu zu den IHM Vertrauenden
3. und jetzt schauen wir auf Jesus.
Jesus lebt zwei Haltungen: den Glaubensgehorsam des
Abraham, und er lebt den Issak als einer der geopfert wird. Und Jesus lebt
diese zwei Haltungen in völligem Bewusstsein und in aller Freiheit.
Der Vater hat seinen geliebten Sohn nicht verschont,
sondern ihn für uns dahingegeben, auch als Beweis seiner Liebe zu uns und um
uns zu zeigen, wie wichtig wir sündigen Menschen für ihn, den heiligen Gott,
sind. (2. Lesung)
Das meint Paulus, wenn er drei Fragen stellt: Ist
Gott für uns – wer ist dann gegen uns! Er hat seinen eigenen Sohn nicht
verschont, sondern ihn für uns dahingegeben.
Wer kann uns anklagen? Niemand! Wenn Jesus uns
gerechtgemacht hat.
Wer kann uns verurteilen, wenn Jesus uns
freigesprochen hat!
Kein Feind ist stark genug, der die Liebe Gottes zu
uns überwinden könnte.
DIESEM Gott glauben wird. IHN lieben wir. Auf IHN
hoffen wir. Auf ihn sind wir getauft. Die Osternacht ist DER Tauftermin. Nun
sind wir schon alle getauft. In der Osternacht und in der Osterzeit werden wir
unser Taufversprechen erneuern. Die Fastenzeit, die österliche Bußzeit dient
der Vorbereitung auf die Erneuerung unseres Taufversprechens.
Geheimnisvollerweise und vernünftigerweise wissen
wir, dass Gott alles zum Guten lenkt für jene, die Gott lieben, die nach seinem
ewigen Plan berufen sind.
Irgendwie wissen wir das, und irgendwie glauben wir
das auch.
Aber im Getriebe des Alltags vergessen wir diese Wahrheit,
und der Staub des Alltags legt sich darauf.
Darum bitten wir: „Nähre uns mit deinem Wort und
reinige die Augen unseres Geistes, damit wir fähig werden, deine Herrlichkeit
zu erkennen.“